Reformdebatte: Unterschiedliche Vorstellungen bei ARD und ZDF

Am Freitag soll die Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz über die Rundfunkreform fallen. Eine Podiumsdiskussion zeigt, dass bei den Anstalten noch viele Fragen offen sind.

Am Vortag der Ministerpräsidenten-Entscheidung zur Rundfunkreform haben sich bei ARD und ZDF nochmals deutliche Unterschiede mit Blick auf die geplanten Veränderungen gezeigt. Die Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats, Gerda Hasselfeldt, sagte am Donnerstag bei den Medientagen München mit Blick auf die geplante Streichung oder Zusammenlegung von Spartenkanälen: “Alles, was die Angebotsvielfalt betrifft, ist problematisch, weil das genau die Punkte sind, die dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entsprechen”.

Auch die geplante Umsteuerung vom linearen ins nicht lineare Angebot sieht die ehemalige CSU-Ministerin problematisch: “Die Menschen, die Nutzer sind noch nicht so weit”, daher seien “fixe Umstellungstermine nicht sinnvoll”, so Hasselfeldt. Sie verwies unter anderem darauf, dass der Spartenkanal ZDFneo eben erst reformiert wurde und hierbei 100 Millionen Euro aus dem Hauptprogramm umgeschichtet worden seien, um jüngere Zielgruppen zu erschließen. ZDFneo soll nach dem Vorschlag der Länder mit dem ARD-Angebot One zusammengehen. “Wenn es in der Politik heißt, bei den Spartenkanälen müssen fünf weg, ist mir das zu populistisch. Diese Diskussion muss sorgfältig in anderen Gremien geführt werden”, so die ZDF-Fernsehratsvorsitzende.

Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke widersprach Hasselfeldt. Es sei legitim, das Nutzungsverhalten zu überprüfen. “Wir müssen uns fragen: Was ist noch zeitgemäß?”, so Gniffke, der auch Intendant des Südwestrundfunks (SWR) ist. Die ARD gehe davon aus, “dass noch in diesem Jahrzehnt mehr Menschen non-linear als linear gucken werden”. Er nehme die Anregung der Politik hier gerne auf, so Gniffke: “Wir führen diese Diskussion arg deutsch und sind gegen Veränderungen. Ich denke da lieber in Chancen. Wen sich hier jeder schützend vor einzelne Kanäle wirft, ist die Diskussion sehr schnell zu Ende.”

Der frühere Intendant des Schweizer Rundfunks (SRG) Roger de Weck, der im von den Ländern einberufenen Zukunftsrat für die Reform der Öffentlich-Rechtlichen saß, kritisierte, dass die Diskussion über die Spartenkanäle in der öffentlichen Debatte zu viel Raum einnehme. Auf der Strecke blieben die wesentlichen Fragen zur Strukturreform und das dringend benötigte Umdenken innerhalb der Anstalten, wie sich ihre Nutzer und deren Verhalten änderten. “Ein Abbau von Kanälen wird in keiner Weise die strukturellen Probleme der ARD lösen”, so de Weck. Es zeige sich auch hier vielmehr, dass man die Arbeitsteilung in der ARD noch nicht genügend umgesetzt habe, “da machten immer noch neun Anstalten fast alles”.

Der Zukunftsrat hatte zur Lösung dieser Strukturprobleme eine neue zentrale Einheit für die ARD vorgeschlagen. Im jetzt vorliegenden Entwurf der Länder für einen Reformstaatsvertrag findet sich dieser Punkt nicht, stattdessen soll das Federführungsprinzip innerhalb der ARD gestärkt werden. Die Medienwissenschaftlerin Annika Sehl von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, die auch Mitglied im Zukunftsrat war, nannte dies eine “vertane Chance”. Der Zukunftsrat habe zu einem “großen Wurf geraten, weil die Krise ja gezeigt hat, was nicht läuft. Die Reform kommt in Wahrheit sehr spät”, sagte Sehl.

Gniffke kritisierte an der Debatte, dass man “auch in der Betrachtung der ARD arg deutsch” sei: “Wir gucken nicht auf das, was gelungen ist, sondern auf die eine Sache, die wir nicht geschafft haben.”. Er habe auch nichts gegen das hohe Engagement der Länder in Sachen Rundfunkreform: “Ja, die Poltik hat uns in gewisser Weise aufs Pferd geholfen”, so Gniffke: “Ich verstehe gar nicht, warum wir hier alle so rumdrucksen. Challenge accepted, gehen wir es an.”