Reformation auf vier Rädern kommt nach Kiel

Quer durch Europa rollt ein Lkw, der den Menschen Wurzeln und Wirkung der Reformation erklärt. Ende April kommt der Truck nach Kiel, die einzige Haltestelle in der Nordkirche.

Der Truck zum Reformationsjubiläum macht Station in Kiel (Archivbild)
Der Truck zum Reformationsjubiläum macht Station in Kiel (Archivbild)epd

Kiel. Ein Truck wird kommen: Am 29. April, so sieht es der Fahrplan vor, soll ein großer hellblauer Lastzug durch die Kieler Innenstadt rollen und vor dem Rathaus haltmachen. Es ist der Reformationstruck, der auf seinem Weg durch 68 Städte in 19 Staaten Europas Geschichten rund um die Reformation sammelt und diese den Menschen vor Ort zeigt. Zu sehen und zu hören sind Filme, Audioaufnahmen und Texte von engagierten Menschen, die darin ihre persönlichen Bezüge zur Reformation schildern.
Der knapp 16 Meter lange und 33 Tonnen schwere Sattelschlepper startete im November 2016 in Genf. Nach einer Rundtour wird der Truck zur „Weltausstellung Reformation“ dann am 20. Mai in Wittenberg erwartet. Die Beiträge, die das auch als Geschichtenmobil bezeichnete Fahrzeug bis dahin auf seinem Weg durch die Regionen gesammelt hat, sollen dort einfließen. Die Evangelische Kirche in Deutschland hat das Projekt gemeinsam mit den Landeskirchen und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa zum Reformationsjubiläum auf den Weg gebracht.

An Filmen wird noch gearbeitet

An einem dieser Beiträge wird derzeit noch emsig gearbeitet. Genauer gesagt sind es gleich mehrere kurze Filme, die die Arbeitsstelle für das Reformationsjubiläum der Nordkirche gemeinsam mit Studenten der Fachhochschule in Kiel erst produzieren und dann präsentieren will. Fünf Jungfilmer suchen anhand der Frage „Was zählt wie viel?“ nach Brüchen in der Biographie heutiger Zeitgenossen. „Die Reformation veränderte das Leben, den Alltag der Menschen vor 500 Jahren deutlich“, sagt Silke Roß, Mitarbeiterin der Nordkirchen-Arbeitsstelle, von der aus das Projekt mit dem Kirchenkreis Altholstein koordiniert wird. „Plötzlich fanden viele ihre eigene Beziehung zu Gott – ohne die Vermittlung Dritter. Dadurch bekamen sie auch ein ganz anderes Selbstverständnis“, erklärt sie. Wie sich das bis heute auf die Gesellschaft ausgewirkt hat und wie die Reformation auch heute noch beeinflusst, das möchte das Projekt aufzeigen.
Die Studenten begleiten dazu Menschen, deren Sichtweise auf ihr eigenes Leben sich nach einschneidenden Ereignissen radikal geändert hat. Die Videos sind noch nicht gedreht, doch einige Ansprechpartner stehen bereits fest. So wird beispielsweise ein Architekt schildern, wie sehr er seiner Arbeit verpflichtet war und anderes zurückstehen musste – bis seine Frau schwer erkrankte und er sich in einem Schlüsselmoment zu entscheiden hatte: Beruf oder Familie?

"Luther hätte heute einen Truck benutzt"

Das Projekt sei eine gute Gelegenheit, einen Blick über den eigenen Horizont zu wagen und kennenzulernen, was die Reformation für die Menschen andernorts in Europa bedeute, meint Silke Roß. Auch vor 500 Jahren habe die Bewegung nicht an Ländergrenzen haltgemacht – ebenso wenig wie der Reformationstruck heute. Das mache das Projekt zu etwas Besonderem: „Wenn Luther heute unterwegs gewesen wäre, hätte er vielleicht auch einen Truck benutzt, um seine Thesen bekannt zu machen“, mutmaßt sie.
Die Kieler Videos werden erstmals zu sehen sein, wenn der Truck am Sonnabend, 29. April, vor dem Rathaus der Landeshauptstadt steht. Wie an jeder Station bleibt der Truck dann für 36 Stunden vor Ort – genaue Uhrzeiten stehen allerdings noch nicht fest.