Recht auf bezahlten Freiwilligendienst gefordert

Der Verteidigungsminister will einen freiwilligen Wehrdienst und alle jungen Erwachsenen dafür anschreiben. Verbände wünschen sich, dass alle auch die Option eines Gesellschaftsdienstes erhalten.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat ein neues freiwilliges Wehrdienst-Modell vorgestellt – mit verpflichtendem Online-Fragebogen für junge Männer. Verbände begrüßen die Freiwilligkeit und wollen das Ganze um die Option eines bezahlten Freiwilligendienstes ergänzen. “Wir wollen insbesondere jungen Menschen ein attraktives Angebot machen”, sagte der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Michael Groß, am Donnerstag in Berlin.

Hierfür sollten alle Schulabgänger bundesweit angeschrieben werden, ein Beratungsgespräch erhalten und ohne Musterung einen bezahlten Freiwilligendienst etwa in der Pflege oder auch in einem Sozialprojekt im Ausland auswählen können. Das Entgelt solle sich am BaföG-Satz orientieren und läge dann bei rund 900 Euro. Bei 200.000 zusätzlichen Freiwilligen entstünden Mehrkosten von 2,7 Milliarden Euro.

Am Vortag hatte Pistorius sein neues Modell eines Wehrdienstes vorgestellt. Dieser sogenannte Auswahlwehrdienst zwischen einem halben und knapp 1,5 Jahren soll über einen verpflichtenden Online-Fragebogen an rund 400.000 Männer im Alter von 18 Jahren angestoßen werden. Rechtsgrundlage ist hier der Wehrdienst, der wieder in Kraft treten soll.

Die 2011 abgeschaffte Wehrpflicht, also die Pflicht, Dienst zu leisten, soll indes nicht wieder eingeführt werden. Auch junge Frauen erhalten den Fragebogen, sind aber mangels Rechtsgrundlage nicht verpflichtet, ihn auszufüllen. Ziel ist es, rund 5.000 zusätzliche freiwillig Wehrdienstleistenden pro Jahr zu gewinnen. Die Mehrkosten beziffert der Minister mit 1,4 Milliarden Euro.

Die Verbände wollen sich gerne an diese verpflichtende Befragung andocken. Anders als beim Wehrdienst stünde aber der Gesellschaftsdienst allen offen, unabhängig von einer Musterung durch die Bundeswehr. Dieser Dienst fördere nicht nur die Demokratiebildung. Wer sich einmal freiwillig engagiert habe, bleibe oft im späteren Leben dabei. Oder finde etwa in der Pflege seinen späteren Beruf und trage damit bei, den Fachkräftemangel zu verringern.

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) unterstützt den Vorstoß. “Die Freiwilligendienste zeigen seit über 60 Jahren, dass junge Menschen nicht zu sinnvollen Tätigkeiten gezwungen werden müssen”, sagte der Bundesvorsitzende Gregor Podschun. Und das Potenzial sei längst nicht ausgeschöpft. Neben dem bundesweiten Anschreiben und der Beratung sei es daher essenziell, das Freiwilligengeld so zu erhöhen, dass es die Lebenshaltungskosten decke. Damit ließe sich die Zahl der Freiwilligen rasch verdoppeln, so Podschun.

Auch der Deutsche Caritasverband hatte sich für einen freiwilligen Gesellschaftsdienst ausgesprochen. Der Dienst könne als sozialer oder ökologischer Freiwilligendienst, als Dienst im Inland oder Ausland, in der Katastrophenhilfe oder bei der Feuerwehr geleistet werden, hatte die Präsidentin des Verbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, erklärt. Missio München betonte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass die Erfahrung des Freiwilligendienstes die Gesellschaft verändere: als Zeichen gelebter Solidarität.