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Putin und Xi träumen vom langen Leben und der Unsterblichkeit

Neue Organe und Verjüngungstherapien: Putin und Xi Jinping träumen von einem längeren Leben und Unsterblichkeit. Doch Wissenschaftler sehen eine klare Grenze. Der menschliche Körper sei höchstens für 120 Jahre gebaut.

Wie lange kann Wladimir Putin (72) noch an der Macht bleiben? Und wie lange wird Xi Jinping (72) China beherrschen? Offenbar träumen beide Diktatoren von einem sehr langen Leben. Ein offenes Mikro übertrug während der Militärparade in Peking versehentlich ein privates Gespräch zwischen den beiden, bei dem es darum ging, wie man auch Alter und Tod besiegen kann.

“Menschliche Organe können kontinuierlich transplantiert werden. Je länger man lebt, desto jünger wird man und kann sogar Unsterblichkeit erlangen”, übersetzte Putins Dolmetscher die Aussage seines Chefs. Und Xi Jingpin wird mit dem Satz zitiert: “Einige sagen voraus, dass Menschen in diesem Jahrhundert bis zu 150 Jahre alt werden können.”

Später von Journalisten auf dieses unfreiwillig übertragene Gespräch angesprochen, ergänzte der russische Machthaber: “Die modernen Mittel der Gesundheitsförderung, die Medizin, sogar einige Operationen mit Organtransplantationen geben der Menschheit Hoffnung, dass die aktive Lebensspanne nicht mehr so sein wird wie heute.”

Ein Traum der beiden Diktatoren – ein Alptraum für viele andere. Fest steht: Putin und Xi stehen damit nicht allein. Die Langlebigkeits-Forschung, also der Versuch, die innere Uhr des Alterns zurückzudrehen, sorgt nicht nur im Silicon Valley, sondern weltweit für Milliarden-Investitionen in Biotech-Firmen. Die Branche boomt.

In den USA investieren Bio-Enthusiasten wie Bryan Johnson und Milliardäre wie Peter Thiel, Jeff Bezos und Mark Zuckerberg Millionen in die Forschung. Bioinformatiker und Langlebigkeitsguru Aubrey de Grey erklärt, dass ein Mensch bald 1.000 Jahre alt werden könne, weil schadhafte Zellen durch Stammzellinfusionen repariert werden könnten. Technologieunternehmen arbeiten daran, im Bio-Drucker mit Hilfe von menschlichen Zellen Ersatz für erkrankte Organe zu schaffen. Thiel hat angekündigt, sich später einmal einfrieren zu lassen – damit er möglicherweise irgendwann in der Zukunft wiederbelebt werden kann.

Doch wie realistisch ist das alles? Wer würde von solch teurer High-Tec-Medizin profitieren? Und welche Auswirkungen hätte eine stark verlängerte Lebenserwartung auf Gesellschaften und das Selbstverständnis des Menschen?

Schon jetzt gibt es dramatische Fortschritte: Die durchschnittliche Lebenserwartung hat sich in den vergangenen 120 Jahren in den Industrieländern sowohl für Männer als auch für Frauen verdoppelt. Dabei spielte die Verringerung der Säuglings- und Kindersterblichkeit lange eine entscheidende Rolle. Mittlerweile ist jedoch auch die Lebenserwartung in höheren Altersjahren deutlich gestiegen – dank Fortschritten in der medizinischen Versorgung, Hygiene, verbesserter Ernährung und Wohnsituation sowie gesünderen Arbeitsbedingungen.

Die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt lag in Deutschland 2024 für Frauen bei 83,5 Jahren und für Männer bei 78,9 Jahren. 1871/1881 betrug sie für Männer 35,6 Jahre und für Frauen 38,5 Jahre. Darüber hinaus gibt es heute weltweit mehr als 500.000 Menschen, die 100 Jahre und älter sind – eine Zahl, die sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht hat

Bevölkerungsforscher und Biologen rechnen für die Zukunft mit einem weiteren Anstieg. In der Bevölkerungsvorausberechnung geht das Statistische Bundesamt bis 2070 von einem Anstieg der Lebenserwartung für Männer von 4 bis 8 Jahren und für Frauen von 3 bis 7 Jahren aus.

Doch irgendwann ist Schluss. “Tatsächlich sehen viele Forschende ein Alter von etwa 120 Jahren als eine natürliche Obergrenze für den Menschen an”, heißt es beim Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln. Ron Jachimowicz, Oberarzt für Onkologie und Forschungsgruppenleiter am Institut, unterstreicht: “Unser Körper ist nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht dazu gebaut, länger zu leben.” Man könne zwar unter bestimmen Umständen ein einzelnes krankes Organ austauschen. “Aber da Altern den gesamten Organismus betrifft, bricht das Gesamtsystem des Körpers irgendwann zusammen”, sagt er.

Viel Spielraum für Forschung und Medizin sieht der Onkologe und Wissenschaftler allerdings dabei, die letzten Lebensjahre zu einer gesunderen Lebensphase zu machen. Der individuelle Alterungsprozess lässt sich womöglich beeinflussen und damit auch die Gesundheitsspanne verlängern: Vor allem durch ausreichend Bewegung, genügend Schlaf und gesundes Essen.