Psychotherapeut: Burnout verweist auf gesunde Grenze

Bei der Arbeit, in Beziehungen oder beim Sport: Ständig über die eigene Grenze zu gehen, ist nach Worten eines Mediziners nicht sinnvoll. Er hat Tipps, wie man lernen kann, die Hinweise auf eine Grenze zu beachten.

Für einen neuen Blick auf Grenzen wirbt der Psychotherapeut Alfried Längle. Wer an eine Grenze stoße, könne erkennen: “Hier endet das eine und das andere beginnt”, sagte Längle im Interview der Zeitschrift “Psychologie Heute” (September-Ausgabe). Grenzen umschlössen stets etwas Wertvolles, nämlich “das jetzige Leben”. Sinnvoll sei es daher beispielsweise, sich zu konzentrieren; das, was man tue, ganz zu machen und nicht mehrere Dinge parallel.

Beim gesunden Abgrenzen gehe es nicht um Unverbindlichkeit, fügte der Mediziner hinzu. Es geschehe vielmehr in einer Wechselbeziehung und im Bewusstsein um den Wert, “den der Job oder eine Beziehung hat. Dass man also nicht handelt im Sinne einer Wegwerfgesellschaft, in der ich alles sofort ersetze, was nicht problemlos funktioniert. Wenn ich mich nicht bemüht habe, ist es ein vorschnelles Aussteigen.”

Die Bereitschaft, frühzeitig aufzugeben, sei größer geworden, sagte Längle. “Da gibt es heute eine größere Wehleidigkeit. Der Wert des Verbundenseins ist nicht mehr so hoch”. Vielmehr werde Verbundenheit heute vielfach als Verlust von Freiheit betrachtet: “Das ist ein Abgrenzen in einem seichten Wasser.”

Keinerlei Grenzen zu ziehen, sei indes ebenfalls destruktiv. Irgendwann hole sich die Psyche in solchen Fällen die Hilfe des Körpers, so der Experte: “Dann kommt ein bisschen Magen-Darm, dann kommen ein paar Schlafstörungen. Deshalb ist ein Burnout auch das Gesündeste, was man kriegen kann, wenn man diese Signale ständig übergeht, weil es einen hindert, einfach so weiterzumachen.”

Wichtig sei, das eigene Erleben wachsam zu beobachten, um sich rechtzeitig begrenzen zu können. Manche Menschen bemerkten beispielsweise, dass ihr Beruf sie eigentlich nicht interessiere oder dass eine Beziehung nicht mehr funktioniere. Eine solche Grenze zeige: “Hier steht etwas anderes an. Und wenn du das nicht erkennst, beginnt es, schmerzlich zu werden. Das Problem mit der Grenze liegt dann oft im Nichtverstehen, daran, dass wir nicht rechtzeitig die Kurve kriegen.”