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Psychologe: Humor reguliert unsere Emotionen

Muss man Humor lernen? Kann man den Humor verlieren? Und wie kriege ich ihn dann wieder zurück? Ein lebenserfahrener Forscher weiß Rat.

Mit Humor können wir Menschen nach Worten des Psychologen Willibald Ruch unsere Emotionen regulieren, aber auch Einfluss auf Beziehungen nehmen. “Man kann jemanden auf Distanz halten, indem man ihn verspottet, oder durch gemeinsames Lachen Nähe schaffen”, sagte der Zürcher Hochschullehrer im Interview der “Süddeutschen Zeitung” (Wochenende).

Evolutionsbiologisch habe das zum Beispiel bedeutet, so Ruch: “Wer am Lagerfeuer unterhalten und die Stimmung der Gruppe regulieren konnte, galt als attraktiver Partner für die Fortpflanzung.” Kontaktanzeigen legten heute nahe, dass der humorvolle Mann nach wie vor gefragt ist. Aber, so der Psychologe, gesucht werde gar nicht Humor. “Gemeint ist: Der Mann soll der Frau die Angst nehmen, nicht schimpfen, eine angenehme Art haben und für eine ausgeglichene Stimmung sorgen.”

Humor sei einerseits angeboren; zugleich übe und lerne ihn der Mensch in der Kindheit anzuwenden, führt Ruch aus. “Schon Babys lachen”, wenn auch eher beim Kuckuck-Spiel – “und auch nur, wenn sie sich sicher fühlen”. Mit der Entwicklung der psychischen Fähigkeiten reife der Humor. Kleinkinder fänden das Aussprechen sogenannter Tabuworte lustig; “oder sie tun so, als würden sie sich mit der Zahnbürste die Haare kämmen”. Kinder übten Humor spielerisch, um alternative Perspektiven zu entwickeln, so der Forscher. Das sei später wichtig, um in einer schwierigen Situation auch das Komische sehen zu können.

Bei den Witzen unterscheidet Ruch zwischen solchen, die vollständig aufgelöst werden − etwa Blondinenwitze − und Nonsenswitzen, die keinen Sinn ergeben und deren Unstimmigkeit bestehen bleibe. “Welche Sorte von Witzen man mag”, sagt der Psychologe, “lässt kaum Rückschlüsse auf die Intelligenz zu, wohl aber auf die kognitive Komplexität.” Menschen, die Witze mit Auflösung mögen, hielten Unstimmiges auch in anderen Bereichen nicht gut aus.

In seinen Forschungen habe er die Ergebnisse über Musik operationalisiert, führt Ruch aus. Das Ergebnis: “Leute, die Blondinenwitze mögen, mögen lieber Schlager. Leute, die Nonsens mögen, schätzen eher Jazz und Oper.” Bei Gemälden und Gedichten sei es ähnlich: “Das Abstrakte und Groteske gefiel Menschen, die auch bei Witzen und Musik kompliziertere Strukturen mochten.”

Auf die Frage, ob man Humor auch verlieren und ihn womöglich später wiederfinden könne, sagte Ruch, die Leichtigkeit könne etwa bei Stress oder Schicksalsschlägen verloren gehen. Humortrainings an der Universität zeigten aber, dass Humor dann nicht neu gelernt, sondern aktiviert werden müsse. “Oft reicht die Botschaft: Humor ist gut”, so der Psychologe. Es sei auch nicht unprofessionell, Humor am Arbeitsplatz zu zeigen, sondern “ein Zeichen von Kreativität”.

Ruch empfiehlt, jeden Abend drei lustige Dinge aus dem Alltag aufzuschreiben: “die witzige Frisur des Kollegen, die knapp verpasste Straßenbahn, so was”. Mit der Zeit nehme man die komischen Dinge eher wahr und erfreue sich daran. Auch könne er “nur empfehlen, sich mit humorvollen Freunden zu umgeben.”

Ruch wurde vor 69 Jahren in Kärnten geboren. Er ist Professor für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik an der Uni Zürich. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Positive Psychologie und die Erforschung des Humors.