Psychologe: Handys erst mit 14 – Soziale Medien frühestens ab 16

Viele Kinder sind es schon im Grundschulalter gewohnt, regelmäßig am Smartphone zu sein und im Internet zu surfen. Viel zu früh, meint ein Experte und warnt vor schlimmen Folgen. Auch wenn er dafür angefeindet wird.

Handy erst mit 14, Soziale Medien frühestens mit 16 – US-Psychologe Jonathan Haidt empfiehlt dringend, den Einstieg in die virtuelle Welt zu verzögern. “Eltern haben es in der Hand, sie sind es, die ihren Kindern ein Smartphone kaufen. Oder eben nicht”, sagte er im Interview der “Süddeutschen Zeitung” (Wochenende). Wer seine Kinder tagsüber unbedingt erreichen wolle, solle ihnen ein Klapphandy kaufen: “Aber man sollte ihnen nicht das ganze Internet in die Tasche stecken, bevor sie nicht mindestens 14 Jahre alt sind.”

Auch danach, so Haidt weiter, sollten drei Zeiten komplett smartphonefrei bleiben: die Schulzeit, die Schlafenszeit und die Mahlzeiten. Er plädiere für strenge Regeln in der Familie, etwa: “Keine Handys am Tisch, keine Handys im Zimmer nach 21 oder 22 Uhr. Es gibt also viel, was Eltern tun können, um die Abhängigkeit von Smartphones zu reduzieren.”

An die Politik appellierte der Sozialpsychologe, handyfreie Schulen zu schaffen. Viele Länder wie etwa die Niederlande, Frankreich und Großbritannien hätten diese “schnellste und kostengünstigste Lösung” schon umgesetzt: “Das Zweite, was sie tun könnten, ist, das Nutzungsalter für die Sozialen Medien auf 16 Jahre anzuheben und die Unternehmen zu verpflichten, das Alter auch zu überprüfen.”

In seinem Buch “Generation Angst: Wie wir unsere Kinder an die virtuelle Welt verlieren und ihre psychische Gesundheit aufs Spiel setzen” führt Haidt den Anstieg von Depressionen, Angststörungen und anderen psychischen Leiden hauptsächlich auf Smartphones zurück, was von anderen Wissenschaftlern zum Teil angezweifelt und heftig kritisiert wird.

“Smartphone- und Social-Media-Nutzung stört die soziale, sexuelle und kognitive Entwicklung, die Impulskontrolle, die Konzentration”, betonte der Experte. Außerdem stehle sie so viel Zeit, dass Jugendliche “weniger mit ihren Freunden unternehmen und viel zu wenig schlafen”.

Nach Haidts Ansicht läuft in vielen Familien etwas grundsätzlich falsch: “Wir überbehüten unsere Kinder in der realen Welt. Im Internet lassen wir sie allein. Beides ist falsch.”

Abgesehen von etlichen problematischen Inhalten sieht der Psychologe das noch größere Problem darin, “dass die Medien den Kindern so viel Zeit stehlen: Zeit mit Freunden, Zeit für Bewegung, Zeit, draußen zu sein, in der Sonne, zu lachen.” Entscheidend sei auch das Vorbild der Eltern, von denen aber viele auch die schlechte Angewohnheit hätten, bei fast allen Tätigkeiten immer gleichzeitig am Handy zu sein.