Immer wieder zerstört die russische Armee im Krieg gegen die Ukraine historische Bauwerke. Nun hat sie in Charkiw ein architektonisches Juwel des sowjetischen Konstruktivismus beschossen.
Die russischen Streitkräfte haben in der Nacht zu Dienstag das architektonische Wahrzeichen der ostukrainischen Metropole Charkiw schwer beschädigt. Laut Polizeiangaben traf eine Lenkbombe im Stadtzentrum das Derschprom-Gebäude, das als eines der ersten Hochhäuser der Sowjetunion gilt. Neun Menschen seien verletzt worden, hieß es.
Videoaufnahmen zeigen zerstörte Zimmer und geborstene Fenster in sechs Stockwerken des Stahlbetonbaus. An den futuristischen Verbindungsbrücken zwischen den Gebäudekomplexen scheint es keine größeren Schäden zu geben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb auf der Online-Plattform X, durch einen russischen Luftangriff sei “eines der berühmtesten konstruktivistischen Gebäude der Welt” schwer beschädigt worden. Die Weltkulturorganisation Unesco stellte das Bauwerk im September 2023 unter vorläufigen verstärkten Schutz. Die Ukraine will seit mehreren Jahren seine Aufnahme in die Weltkulturerbeliste erreichen.
Der Baustil des beschädigten Gebäudes erinnert ein wenig an die deutsche Bauhaus-Architektur. Charkiw war von 1918 bis 1934 Hauptstadt der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik und ein Experimentierfeld für moderne Architektur. Derschprom ist die ukrainische Abkürzung für “Haus der staatlichen Industrie”. In nur drei Jahren wurde das 63 Meter hohe Baudenkmal errichtet. 1954 wurde auf ihm eine riesige Antenne montiert. Seither misst es 108 Meter.