Projekt “ToreG NRW”: Opferberatungen kritisieren Methodik

Die Opferberatung Rheinland (OBR) und die Betroffenenberatung BackUp kritisieren die Durchführung des Projekts „ToreG NRW“ zur Untersuchung von Tötungsdelikten auf einen rechtsextremen Hintergrund. Das Projekt, das bereits im Dezember
2023 abgeschlossen wurde und 30 Verdachtsfälle der vergangenen 40 Jahre in NRW untersuchte, sei ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung rechter Gewalt, erklärten die Opferberatung Rheinland (OBR) und Back Up am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung. Doch seien bei der Methodik der Aufarbeitung, der Einbindung Betroffener und der Kommunikation der Ergebnisse Chancen verpasst worden.

OBR und Backup reagierten auf die Veröffentlichung der „ToreG NRW“-Projektergebnisse durch Innenminister Herbert Reul (CDU) und das Landeskriminalamt am vergangenen Montag. Zudem befasst sich am Donnerstag der Innenausschuss des NRW-Landtags mit dem Thema. „Mehrfach haben wir darauf hingewiesen, wie wichtig eine traumasensible Einbindung der Betroffenen ist und das Vorgehen hinsichtlich der Informationsweitergabe an Angehörige und Überlebende im Vorfeld kritisiert“, betonte Fabian Reeker, Leiter der OBR. Eine Einbindung von unabhängigen wissenschaftlichen Akteuren und spezialisierten Beratungsstellen habe bei „ToreG NRW“ nicht stattgefunden.

Die beiden Opferberatungsstellen aus NRW verwiesen auf Vorgehensweisen in Brandenburg, Berlin und Thüringen. Dort hätten unabhängige wissenschaftliche Überprüfungen stattgefunden, erklärten sie. Im Gegensatz dazu habe das Innenministerium in NRW eine interne Untersuchung durch das Landeskriminalamt (LKA) gewählt. Seien in anderen Bundesländern auch die Perspektiven von Angehörigen der Opfer einbezogen worden, habe sich die Untersuchung in NRW im Wesentlichen auf die Daten des kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) gestützt.

Back Up und OBR werfen der Landesregierung eine intransparente Kommunikation vor. Erst wenige Tage vor der öffentlichen Präsentation seien Überlebende oder Angehörige der untersuchten Fälle kontaktiert worden, um sie über die Ergebnispräsentation des LKA zu informieren, erklärten die Beratungsstellen. Eine solche Praxis sei nicht akzeptabel.

Bei einer Überprüfung von 30 Gewaltdelikten zwischen den Jahren 1984 und 2020 mit Todesopfern aus NRW hat ein Expertenteam des Landeskriminalamtes sieben Taten ermittelt, bei denen die Täter vermutlich ein rechtsextremistisches Motiv hatten. Anlass für die Überprüfung war die Neubewertung eines Falles aus dem Jahr 2003, der nachträglich als rechtsextremes Tötungsdelikt anerkannt worden war. Das NRW-Innenministerium beauftragte daraufhin ein interdisziplinäres Expertenteam des Landeskriminalamtes, strittige Fälle zu identifizieren und aus heutige Perspektive erneut zu betrachten. Die Expertengruppe unter Leitung eines Politikwissenschaftlers hatte dafür Gerichtsurteile und Verfahrensakten hinzugezogen.