Prinz von Bayern zu Entwicklungshilfe: Nicht alles tolerieren

Seit vielen Jahren engagiert sich der künftige Chef des Hauses Wittelsbach sozial in Afrika. Dabei hat er manchmal mit aus seiner Sicht äußerst überholten Traditionen zu kämpfen.

Prinz Ludwig von Bayern (41) hält maximale Toleranz in der Entwicklungshilfe für falsch. “Manches darf nicht toleriert werden”, sagte der künftige Chef des Hauses Wittelsbach in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Ein Beispiel seien Geschlechterrollen: “Wenn wir hier mit Menschen reden, treten erst mal nur Männer zusammen. Da muss man drauf bestehen, dass auch Frauen dazukommen. Wenn man das klar kommuniziert, klappt’s meist gut.”

Der Adelige äußerte sich bei einem Gespräch über sein Engagement in der Entwicklungshilfe. Seit 2011 ist er in der nordkenianischen Region Turkana tätig. In der Nähe des Ortes Loropio hat er den “Learning Lions”-Campus mitaufgebaut, im Kern eine Schule für digitale Dienstleistungen. Aktuell entsteht dort in Kooperation mit dem Hilfswerk missio München zudem ein Kirchenzentrum.

In Turkana gebe es das Problem der Kinderehen, erzählte der Prinz. “Mädchen sind eine Handelsware und werden schon als Kinder Männern zur Frau versprochen. Manchmal bereits mit neun Jahren werden sie verheiratet. Auch wenn die Ehe vielleicht erst mit 14 vollzogen wird, ist das viel zu früh. Viele Mädchen sterben, weil sie für eine Schwangerschaft nicht genug entwickelt sind. Und weil die Männer verhindern, dass sie bei Komplikationen ins Krankenhaus kommen. Denn offiziell sind Kinderehen auch in Kenia verboten.”

Auf die Frage, wieso die Menschen an der Tradition festhielten, antwortete Ludwig von Bayern: “Man gilt als nicht normal, wenn man mit 20 noch keine Kinder hat. Da ist viel Irrglauben im Spiel: Leute denken, man bleibe nur fruchtbar, wenn man früh schon Kinder kriegte; und dass Verhütungsmittel unfruchtbar machten, wenn man sie vor dem ersten Kind benutzte. Bildung und Berufschancen, wie sie die ‘Learning Lions’ bieten, sind ein guter Ansatz dagegen.”

Der Prinz ergänzte: “Manche sagen: Das sind jahrtausendealte Kulturen, lasst die in Ruhe. Das entspricht nicht meinen Vorstellungen von Menschenrechten.” Man könne keine Volksgruppen abkapseln wie Zootiere. “Deren Kulturen können nur fortbestehen, wenn sie sich den neuen Zeiten anpassen. Daher ist es wichtiger, die schönen Dinge wie Sprache, Kleider, Tänze, Gesänge zu erhalten. Was hingegen nicht in ein globales Menschenrechtsverständnis passt, muss man loswerden.”