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Prien schlägt “nationale Kraftanstrengung” in Bildungspolitik vor

Vor dem Hintergrund der schlechten Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2024 in Mathematik und drei naturwissenschaftlichen Fächern hat Bundesbildungsministerin Karin Prien zu einer „nationalen Kraftanstrengung“ aufgerufen. Es gehe darum, bis zum nächsten Treffen der Bildungsministerinnen und -minister im Dezember eine „Road Map“ zu entwickeln, die „im Sinne eines Arbeitsprozesses“ die Ursachen der Entwicklung analysiert und Lösungen auf unterschiedlichen Feldern entwickelt, sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag in Berlin zum Abschluss der fünften Bildungsministerkonferenz. „Die Schulen allein werden diese großen Herausforderungen nicht mehr lösen können“, betonte Prien.

In der vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) erstellen Erhebung schneiden Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen deutlicher schlechter ab als noch in vorherigen Untersuchungen. Mehr als jeder Dritte (34 Prozent) verfehlte demnach in Mathe den Mindeststandard für einen mittleren Schulabschluss. Das sind zehn Prozentpunkte mehr als vor der letzten Überprüfung im Jahr 2018. Auch in den Naturwissenschaften gibt es im Vergleich zu den Vorgängerstudien aus den Jahren 2014 und 2018 einen Abwärtstrend. In Chemie verfehlte ein Viertel (25 Prozent) der Neuntklässler die Anforderungen, in Physik waren es 16 und in Biologie zehn Prozent. Für die repräsentative Studie wurden im vergangenen Jahr mehr als 48.000 Schüler der neunten Klassen aus rund 1.500 Schulen auf ihr Wissen getestet.

Bundesbildungsministerin Prien bezeichnete die Befunde als „besorgniserregend“ und „ernstzunehmendes Warnsignal“ an die Gesellschaft, es gebe „massiven Handlungsbedarf“. Die Präsidentin der Bildungsministerkonferenz sowie Ministerin für Bildung und Kindertagesförderung Mecklenburg-Vorpommern, Simone Oldenburg (Linke), verwies unter anderem darauf, dass die Ergebnisse eine Folge der Unterrichtsausfälle während der Corona-Pandemie seien. Durch die Ausfälle hätten die Schülerinnen und Schüler rund 200 Schultage verpasst. Nun gehe es darum, die Gründe und Ursachen zu analysieren und einen „gemeinsamen Weg“ zu finden. Zugleich warnte Oldenburg vor „Schnellschüssen“. Man brauche Zeit, um die Wirkung bereits eingeleiteter Initiativen und Prozesse in der Bildungspolitik zu bewerten. „Bildung dauert. Sie muss wachsen!“

Die nordrhein-westfälische Bildungsministerin, Dorothee Feller, sprach als Koordinatorin der von CDU und CSU geführten Länder von einem negativen Trend, den es „in dieser Art noch nicht gegeben“ habe. Bedenklich sei auch, dass viele Jungen und Mädchen laut der Studie an naturwissenschaftlichen Fächern kein Interesse hätten, obwohl diese Themen vor dem Hintergrund des Klimawandels doch eine besondere Relevanz hätten. Feller verwies auch auf die wachsende Zahl an Schülern, die aus Familien mit Migrations- oder Flüchtlingshintergrund stammen. Zudem habe sich die Welt in den vergangenen Jahren „sehr verändert“. Themen wie Krieg oder Einsamkeit belasteten die Schüler emotional und psychisch, hinzu käme die Social Media-Nutzung und deren Folgen.

Die Ministerin für Bildung und Kultur des Saarlandes und Koordinatorin der von der SPD geführten Länder, Christine Streichert-Clivot, erläuterte, dass es neben der Frage nach der Qualität der schulischen Bildung auch darum gehe, die seelische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Psychische Gesundheit sei „die Grundvoraussetzung dafür, dass ich gut lernen kann und dass ich auch motiviert in die Schule hineingehe“.

Auch die IQB-Direktorin Petra Stanat verwies darauf, dass in der Studie 17 Prozent der Jugendlichen von emotionalen Belastungen berichtet hatten, dabei lag die Quote mit 27 Prozent bei den Mädchen noch einmal deutlich höher. Sie betonte, dass eine gute schulische Bildung für Kinder und Jugendliche eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei und eine „sehr konzentrierte und konstruktive Zusammenarbeit“ zwischen Politik, Verwaltung, Kitas, Schulen, Kinderjugendhilfe, Lehrkräfte und Hochschulen dazu notwendig sei.

Als positive Aspekte verzeichnet die Studie immerhin eine hohe Schulzufriedenheit und soziale Eingebundenheit der Schülerinnen und Schüler. Auch Jugendliche mit Fluchterfahrung fühlten sich demnach mehrheitlich gut aufgenommen. Die befragten Lehrkräfte hätten „insgesamt hohe Zufriedenheit und Enthusiasmus für ihren Beruf“ gezeigt, hieß es.