Predigt vom 06.09.2015

Predigt vom 06.09.2015 Liebe Gemeinde, ich weiß nicht, wie Sie gelernt haben, Wäsche zu waschen. Vielleicht hat Ihre Mutter Sie vor vielen Jahrzehnten in die Geheimnisse eingewiesen. Obwohl – damals gab es ja nicht so viele Möglichkeiten, was falsch zu machen. Kochwäsche kam in den Topf auf den Herd, Stricksachen wurden mit der Hand gewaschen. Auswringen, ausdrücken, aufhängen. Trocknen lassen, abnehmen, bügeln, zusammenlegen. Ab in den Schrank. Bei mir war das Waschen lernen verbunden mit Versuch und Irrtum. Eine dunkle Socke in der Weißwäsche hat nachhaltige Wirkung. Ein Merinopullover gehört definitiv nicht in die Waschmaschine. Ist mir mal passiert, da habe ich dann Pantoffeln draus genäht. Leinensachen muss man bügeln, Bettwäsche nicht. In vielen Kleidungsstücken sind Schildchen mit den Pflegehinweisen und wenn man sie nicht herausgetrennt hat, weil sie am Hals immer kratzen, dann kann man später auch noch mal nachgucken, wieviel Grad es denn verträgt. Und wenn man alles richtig gemacht hat, dann hat man an einem Kleidungsstück viele Jahre Freude. Für die Wäsche gibt es viele Hinweise und Tipps, wie man sie richtig pflegt und wie ist das mit unserer Seele? Die braucht doch auch Pflege – oder nicht? Aber da ist kein Schildchen dran, wo man das nachlesen könnte. Unser Wochenspruch sagt: Lobe, den Herrn, meine Seele und was in mir ist, seinen heiligen Namen. Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Wenn man mal die einschlägigen Zeitungen aufschlägt, die so beim Friseur rumliegen, dann bekommen wir einen Haufen Pflegehinweise: Die einen schwören auf Yoga oder Thai Chi, die anderen trinken eher ein Glas Rotwein oder naschen Süßes, andere wiederum machen auf Kultur oder Fitness. Ganz neu auf dem Markt ist meditatives Zeichnen, bei dem man komplett abschalten und sich ganz in sich selbst versenken kann. Ich habs ausprobiert, es klappt. Die Latte möglicher Seelenpflege ist sehr lang geworden. Aber ist das genug, ist das das Richtige? Schauen wir noch mal auf unseren Wochenspruch: „Lobe, den Herrn, meine Seele und was in mir ist, seinen heiligen Namen. Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.” Und es heißt weiter: „der dir alle deine Sünde vergibt und heilet alle deine Gebrechen, der die Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit.” Ich blieb beim Nachdenken über die Texte dieses Sonntags schon beim Wochenspruch hängen und dachte: was ist denn in mir? Ich weiß ja, dass der Psalmbeter meine Seele meint, die weiß, dass sie von Gott geschenkt wurde und deshalb nichts weiter tun möchte, als Gott loben. Und er führt gleich noch ein paar Gründe an, warum ich Gott loben soll: weil er barmherzig ist, gnädig, weil er mir meine Fehler nicht nachträgt, sondern verzeiht. Aber, in mir ist so wenig von Lob und Dankbarkeit und inzwischen denke ich manchmal, ich sollte meine Morgenrituale verändern. Bei mir beginnt der Tag mit einem Bibelvers, einer Tasse Kaffee und der Tageszeitung. Und die bringt mir an Überschriften: Nordic Yards baut Jobs ab, Seite 2 Flüchtlinge in Deutschland in z.T. chaotischen Unterbringungszuständen, Seite 3 ganzseitig – Flüchtlingsrouten nach Deutschland, Seite 4 berichtet über NPD Aktivitäten und auf Seite 6 lese ich vom Fischsterben in der Peene. Das alles an einem einzigen Tag. „Lobe den Herrn meine Seele” – dafür finde ich nichts in meiner Zeitung. Die Zeitungsmacher sagen: Nur eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht. Das wollen die Leute lesen und hören. Das interessiert sie. Das verkauft sich. Und da man jede schlechte Nachricht nicht nur einmal hört oder liest, sondern im Laufe des Tages mindestens drei bis viermal, denkt man schließlich: alles ist schlecht, alle sind böse, nichts ist mehr sicher. Das ist wie die dunkle Socke in der Weißwäsche. Schlechte Nachrichten verfärben alles. Da bleibt einem das Lob im Halse stecken. Dabei liegt es an uns, was wir wahrnehmen und was wir wahrnehmen wollen. Es liegt an uns, welchen Raum wir diesen schlechten Nachrichten geben und welches Gegengewicht wir setzen wollen. Das Leben ist schön – das ist jetzt kein Satz aus der Bibel, sondern das ist auch ein Satz aus der Zeitung und zwar aus dem Werbeteil. Das Leben ist schön, wenn ich dies und jenes kaufe, wenn ich dorthin fliege, wenn ich diese Veranstaltung besuche. Das Leben ist schön, wenn ich Geld auf die hohe Kante legen kann oder wenn ich ein Auto mit möglichst viel Technik und Schnickschnack besitze -und zwar nur dann ist das Leben schön. Viele von Ihnen haben jedoch im Laufe ihres Lebens die Lektion schon gelernt und wir anderen sind dabei, sie zu lernen: Geld mag zwar beruhigen, aber es macht nicht glücklich, es schafft keine wirkliche innere Zufriedenheit, höchstens ein Gefühl von Sicherheit, ein trügerisches, sonst würden uns die Nachrichten zur Griechenlandkrise kalt lassen. „Wenn dein Herz wandert oder leidet, bring es behutsam an seinen Platz zurück und versetze es sanft in die Gegenwart Gottes. Und selbst wenn du nichts getan hast in deinem ganzen Leben, außer dein Herz zurückzubringen und wieder in die Gegenwart Gottes zu versetzen, obwohl es jedes Mal wieder fortlief, nachdem du es zurückgeholt hattest, dann hat sich dein Leben wohl erfüllt.” Ich weiß nicht, von wem dieser Text stammt, aber ich muss immer mal wieder darn denken. Es geht nicht um die große und nicht um die kleine Politik, sondern es geht um mein Herz. Wohin ist es unterwegs? Und – bringe ich es zurück? Und wenn ich es allein nicht schaffe, wo finde ich Hilfe? Wenn man sich die Lütten Kleiner Zahlen, die reine kirchliche Statistik anguckt, dann müsste man sagen: wir haben eine Haufen Sorgen und Probleme: die Gemeindeglieder werden immer älter. Viele Jüngere treten aus der Kirche aus, weil sie „ihnen nichts bringt“ , wir müssten massiv dafür sorgen, dass wir nicht irgendwann buchstäblich das Licht ausmachen müssen, weil wir mit den Finanzen am Ende sind, weil die Leute nicht mehr das Bedürfnis nach Kirche haben oder weil die nüchternen Zahlen einfach keine Eigenständigkeit der Kirchgemeinde mehr zulassen. Aber wenn wir nur danach gucken würden, dann hätten wir das Licht auch schon längst ausknipsen können. Unsere Kirchgemeinde ist kein Betrieb, der sich rechnet, der sich wirtschaftlich trägt. Jeder Unternehmensberater würde wahrscheinlich sagen: Gebäude abstoßen – zu teuer. Mission betreiben, also immer gleich mit Tauf – oder Eintrittsformularen auf irgendwelchen Kinderfesten rumstehen, sich vermarkten, Gebühren erheben. Aber – Kirche rechnet sich nicht und in gewisser Weise ist das auch gut so. Kirche als Raum und Kirche als Gemeinde ist ein Ort, wo man Möglichkeit hat, sein Herz wieder in die Gegenwart Gottes zurückzuversetzen. Wo man Menschen findet, die einem dabei helfen können. Wir schauen schon mal auf die Wahl des neues Kirchengemeinderates 2016, der sich auf die Gratwanderung zwischen Wirtschaftlichkeit und Gotteslob begeben wird, wir haben vier Altenhelferinnen in Lütten Klein, die die Kontakte zu unseren älteren und alten Gemeindegliedern halten oder knüpfen, einige Frauen machen regelmäßig Kindergottesdienst in der Kirche und sorgen dafür, dass Kinder die Möglichkeit bekommen, Kirche als Raum zu entdecken, wo sie angenommen, gehört und gesehen werden, und ungefähr 25 Lütten Kleiner tragen regelmäßig die Gemeindeblätter aus und sorgen dafür, dass auch Menschen, deren Herz gerade weit weg ist, daran erinnert werden, dass es eine Tür gibt, die auch für sie offen ist. „Selbst wenn du nichts getan hast in deinem ganzen Leben, außer dein Herz zurückzubringen und wieder in die Gegenwart Gottes zu versetzen…” – das ist nichts, was einmal geschieht, sondern das ist etwas, das immer wieder geschehen muss und kann. Ich freue mich, dass es so viele Menschen gibt in Lütten Klein, die anderen dabei helfen wollen. Kirche rechnet sich nicht und das ist auch gut so. „Lobe, den Herrn, meine Seele und was in mir ist, seinen heiligen Namen. Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.” Amen