Pop-up-Taufe in Berlin: Wie funktioniert das?

Am Aschermittwoch wurde zum zweiten Mal die Pop-Up-Taufe in der St. Marienkirche in Berlin angeboten. Pfarrerin Corinna Zisselsberger berichtet über die ersten Erfahrungen damit.

Corinna Zisselsberger
Corinna ZisselsbergerEva von Schirach

Wie wurde sie angenommen?

Corinna Zisselsberger: Es haben sich drei Frauen taufen lassen. Zwei hatten mich vorher angerufen, eine kam ganz spontan. Alle drei haben seit Jahren und Jahrzehnten überlegt, sich taufen zu lassen, aber es brauchte dieses niedrigschwellige Angebot als Anstoß. Sie haben sich alle ernsthaft vorher mit dem christlichen Glauben beschäftigt. Die unkomplizierte Form am Mittag ohne vorherigen Kurs, großen Gottesdienst oder Familienfest hinterher hat sie angesprochen. Es war sehr berührend und mir ist wirklich Christus in diesen drei Frauen begegnet an diesem Mittag, in ihrer Ehrlichkeit und Offenheit. Ein Vorurteil ist ja, dass Menschen unüberlegt auftauchen, nicht wissen, worauf sie sich einlassen oder nicht ganz bei Trost sind. Dem kann ich eindeutig widersprechen.

Was hat die drei Frauen bewegt, sich jetzt taufen zu lassen?

Eine 19-jährige Rettungssanitäterin, die regelmäßig Krankentransporte begleitet, hat mir erzählt, dass sie bei den langen Fahrten mit Patient:innen ins Gespräch kommt, auch über Glauben. Und sie würde spüren, wenn Menschen an Gott glauben, weil diese eine große Liebe ausstrahlen würden. Sie war wirklich positiv überrascht, dass eine Pop-Up-Taufe in St. Marien möglich ist – so unkompliziert, kostenlos und offen.

Eine andere Frau, die regelmäßig zu unseren Gottesdiensten kommt, hat Gott in der Vergangenheit in einer strengen muslimischen Tradition als strafenden Gott kennengelernt. Seit sie Christus kennt, hat sie Frieden gefunden, sagte sie.

Und die dritte Frau hat sich von Gott in einer schweren Lebenskrise gehalten gefühlt – das war ein ganz warmes Gefühl, erzählte sie.

Alle drei haben mir hinterher gesagt, dass für sie nun ein neues Leben angefangen hat. Besser kann doch die Taufe nicht zusammengefasst werden.

Wie läuft die Pop-Up-Taufe ab?

Mit allen Täuflingen habe ich eine halbe Stunde vor der Taufe gesprochen; darüber, warum sie sich taufen lassen möchten, was ihr Taufspruch ihnen bedeutet und auch, dass sie nun kirchensteuerpflichtig sind. Dann habe ich ihnen erklärt, was passiert und ihnen das Taufbecken gezeigt.

Plakat Pop up-Taufe
Plakat Pop up-TaufeMarienkirche

Die Pop-Up-Taufe ist eingebettet in unser Mittagsgebet mit Abendmahl, sodass es Musik beziehungsweise Gesang gibt, Lesungen, Gebete und ein gemeinsames Abendmahl nach der Taufe. Es ist wie ein Mini-Gottesdienst am Mittag, sehr spirituell. Es gibt Taufkerzen für alle Täuflinge und natürlich auch Urkunden. Und zum Mittaggebet kommen auch andere Menschen, nicht nur die Täuflinge. Die sind genauso bewegt.

Kritiker:innen sagen, die Pop-Up-Taufe sei dem Sakrament gegenüber nicht angemessen. Wie begründet Ihre Kirchengemeinde dieses Angebot?

Unserer Auffassung nach ist die Pop-Up-Taufe sehr angemessen. Wenn wir in die Bibel schauen, sehen wir, dass die Taufe genauso entstanden ist: Johannes der Täufer hat am Jordan Menschen getauft, die ein neues Leben gesucht haben. Sie sind dort in der Wüste bei ihm aufgepoppt und er hat sie getauft, sehr unkompliziert, ohne Formulare oder langen Glaubenskurs, ganz lebendig und voller Gottvertrauen.

Taufschale Kirche Neuholland
Taufschale Kirche NeuhollandSabine Hoffmann

Auch in der Anfangszeit des Christentums haben sich oft spontan viele Menschen taufen lassen, auf einen Impuls hin – ein Gespräch, eine Eingebung. Warum trauen wir heute dem Ritual so wenig zu und neigen dazu, es so stark zu regulieren? Wir haben doch als Kirche so viel Segen zu verschenken. Und wenn argumentiert wird, dass wir einen Bildungsauftrag haben, dann möchte ich die Sichtweise umdrehen: Vielleicht lerne ich, lernen wir viel mehr von den Menschen, denen wir bei einer Pop-Up-Taufe begegnen als sie umgekehrt von mir. Imago

Taufbecken mit Kerze
Taufbecken mit KerzeImago / localapic

Wir bieten ja auch weiterhin die gewohnten Formen an, sei es die Kindertaufe im Sonntagmorgengottesdienst oder die Erwachsenentaufe mit vorherigem Glaubenskurs. Die Pop-Up-Taufe ist eine Möglichkeit unter anderen.

Die Fragen stellte Manuela Schneider.

Weitere Termine zu Pop-up-Taufen in Berlin

Die nächste Pop-Up-Taufe findet am 29. März um 12 Uhr in der St. Marienkirche am Alexanderplatz statt. Täuflinge sind gebeten, sich vorab telefonisch im Gemeindebüro zu melden (Telefon: 030/24 75 95 10 oder mindestens eine halbe Stunde vorher Kirche zu kommen.

Pop-up-Tauffest zu Ostern

Das Berliner Segensbüro lädt am Ostersonntag (9. April) zu einem Pop-up-Tauffest ab 12.30 Uhr in die Neuköllner Genezarethkirche ein. Kinder und Erwachsene können an diesem Tag in der Kirche ein Vorgespräch führen und einen Taufspruch wählen. Die Taufen finden anschließend an mehreren Orten in der Genezarethkirche und auf den Emporen statt. Neben einem klassischen Taufbecken wird es auch eine Badewanne und ein Planschbecken geben. Zu den Taufenden wird auch Bischof Christian Stäblein gehören. Er wird damit das „Jahr der Taufe“ eröffnen.

Anmeldung bis 30. März unter https://segensbuero-berlin.de/ meine-taufe-2023/ oder spontan vorbeikommen

Corinna Zisselsberger ist Pfarrerin der Berliner Kirchengemeinde St. Marien-Friedrichswerder