Politologe fordert mehr Sozialkunde an Schulen und politische Bildung

Der Politologe Thorsten Winkelmann von der Uni Erlangen-Nürnberg plädiert für eine Aufwertung des Sozialkundeunterrichts an den Schulen und die politische Bildung insgesamt. Trotz sinkender Beteiligung an Wahlen sei das Interesse an Politik bei den Bürgerinnen und Bürgern grundsätzlich vorhanden, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Weil viele Debatten heute über die sozialen Medien geführt würden, seien sich die Menschen „teilweise nicht bewusst, dass sie auch wählen gehen müssen“.

Für die zunehmende Politikverdrossenheit und das Erstarken extremer Parteien macht Winkelmann drei Ebenen aus. Zum einen liege dies an der Auflösung klassischer sozialer Milieus. Dies mache es für Politik schwieriger, Entscheidungen zu treffen, die von der Mehrheit der Bevölkerung getragen werden. Zum zweiten sähen die Bürger den Wahlgang eher als Angebot und nicht mehr als ihre Bürgerpflicht. Und schließlich sei die Kommunikation von politischen Inhalten heute oft wichtiger als die Inhalte selbst, monierte Winkelmann.

„Debatten werden heute in den Medien ausgetragen, nicht mehr im Plenum“, sagte der Politologe: „Es pilgern immer die gleichen Politiker in die politischen Talkshows von Anne Will, Markus Lanz, Sandra Maischberger und Maybrit Illner.“ Die Personalisierung und Amerikanisierung der Politik habe zugenommen, der Trend gehe weg von Themen und Programmen hin zu Personen, die Politik werde oberflächlicher. Entscheidungen würden auf kurzfristige Meinungsumfragen gestützt: „Die langfristigen, nachhaltigen Visionen fehlen.“(00/3008/16.09.2023)