Eine solche Einstimmigkeit dürfte es im Bayerischen Landtag lange nicht mehr gegeben haben. In Sachen unabhängige Missbrauchsaufarbeitung gibt es unter den Sozialausschuss-Mitgliedern parteiübergreifenden Konsens.
Eine im April eingereichte Petition zur unabhängigen Aufarbeitung von Gewalt und Missbrauch in Bayern hat die erste Hürde genommen. Das Anliegen, im Freistaat eigene Strukturen nach Vorbild des Bundes zu schaffen, um Taten in Institutionen aufzuklären, fand starke Befürworter im Sozialausschuss des Bayerischen Landtags. In dessen Sitzung am Donnerstag in München forderten die Mitglieder einstimmig das Sozialministerium zu einer sogenannten Würdigung der Petition auf. Dessen bisher eingebrachte Stellungnahme erschien den Mitgliedern als nicht ausreichend.
Voraussichtlich im Oktober solle das Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt werden, hieß es. Der Ausschuss habe mit seiner Entscheidung ein politisches Signal gegeben, sagte dessen Vorsitzende Doris Rauscher (SPD) und zeigte sich zudem erleichtert über die große Übereinstimmung. Nun kommt es laut Gabriele Triebel von den Grünen auf die Reaktion des Sozialministeriums an. Seien die Betroffenen mit dieser zufrieden, könnten interfraktionelle Gespräche darüber folgen, welche Forderungen wie umgesetzt werden könnten.
Angestoßen hatte die Petition der Betroffenenbeirat der Erzdiözese München und Freising. Für diesen erklärte Sprecher Richard Kick, mit dem Ergebnis äußerst zufrieden zu sein. Er habe nicht damit gerechnet, schon bei der ersten Sitzung so weit zu kommen. Auch die Aussage von Katja Weitzel (SPD), dass es sich um die beste Petition handle, die sie bisher gelesen habe, habe ihn gefreut. Er dankte allen, die sich für die Anliegen der Betroffenen eingesetzt hätten.
Zugleich räumte Kick ein, dass er durchaus sehe, was das Sozialministerium bisher geleistet habe. Dabei machte er aber auch klar, dass es den Betroffenen und ihren Mitstreitern mit ihren Vorschlägen nie darum gegangen sei, Doppelstrukturen zu schaffen. Sie seien immer dafür eingetreten, das, was bereits vorhanden sei, anzuschauen, um davon abzuleiten, was noch gebraucht werde. Der stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende Thomas Huber (CSU) hatte zuvor darauf verwiesen, dass derzeit ein Netz von Hilfen bestehe, das noch engmaschiger werden müsse. Die vorhandenen Strukturen wollten durchaus ihr Gutes, aber ließen es nicht immer zu, so Huber.
Von den Petitenten brachten Susanne Nothhafft, Professorin für Recht in der Sozialen Arbeit an der Katholischen Stiftungshochschule München, das Völkerrecht ins Spiel. Von diesem her habe der Staat bei Missbrauchsfällen sogar einen Auftrag zur Aufarbeitung. Der Vorsitzende der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in Heimen der Landeshauptstadt München, Ignaz Raab, betonte, die Zeit dränge, einheitliche Strukturen zu schaffen. Betroffene von Missbrauch und Gewalt hörten zu oft die Worte, dass Stellen, wo sie sich hinwendeten, nicht zuständig seien.