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Philosoph Boehm fordert Wandel in Erinnerungskultur

Der Philosoph Omri Boehm fordert einen Wandel in der Erinnerungskultur. „Die Bedeutung der Nachkriegserinnerungskultur wird längst international infrage gestellt – und zwar nicht nur von Radikalen oder Antisemiten“, sagte Boehm der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ (10. April): „Angesichts des israelischen Handelns in Gaza und der ambivalenten deutschen Haltung beginnen viele rückblickend zu fragen, ob diese Erinnerungskultur, so wie sie von Anfang an gedacht war, nicht im Kern ein westliches Ideologieprojekt ist.“

Das alles geschehe in einem „Moment tiefgreifender tektonischer Verschiebung“, so Boehm weiter: „Europa taumelt: Nationalisten gewinnen an Einfluss und inszenieren sich zunehmend erfolgreich als die eigentlichen Hüter des Gedächtnisses. Kein Jude, der die Augen offen hat, kann naiv genug sein, das nicht zu erkennen.“

Der Enkel einer Holocaust-Überlebenden gilt als Kritiker der Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Boehm war ursprünglich als Redner zur Gedenkfeier anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald eingeladen worden. Diese war laut Gedenkstätte auf Druck der israelischen Regierung abgesagt worden, die Boehm unter anderem vorwirft, den Holocaust zu verharmlosen.