Peine erinnert im Kreismuseum an seine mehr als 800-jährige Geschichte

In einer interaktiven Ausstellung erzählt die Stadt Peine von ihrer Geschichte. Dafür gibt es unterhaltsame Tafeln und Hörstationen.

Existiert Peine tatsächlich seit 1223? Dieser Frage lässt sich in der Ausstellung über das Stadtjubiläum nachgehen.
Existiert Peine tatsächlich seit 1223? Dieser Frage lässt sich in der Ausstellung über das Stadtjubiläum nachgehen.Joachim Göres

Im vergangenen Jahr hat Peine sein 800-jähriges Bestehen gefeiert – aus diesem Anlass zeigt das Kreismuseum Peine die Ausstellung „Peine 800“.

Neben vielen Tafeln mit Texten gibt es zahlreiche Hörstationen. Dort ist zum Beispiel die Geschichte von Songül Korkmaz zu hören, die aus der Türkei nach Peine kam und im Krankenhaus als Hebamme arbeitete. Auch über den vermutlich bekanntesten Peiner kann man hier etwas erfahren: Sally Perel wurde 1925 in Peine geboren, ging mit seinen Eltern angesichts des wachsenden Antisemitismus nach Polen, konnte seine Identität als Jude gegenüber anrückenden deutschen Truppen verbergen und bekam durch den Spielfilm „Hitlerjunge Salomon“ ein filmisches Denkmal gesetzt. Vor einem Jahr ist er gestorben.

Eisenerz steht für industrielle Entwicklung

Inhaltlich steht die industrielle Entwicklung der heute rund 50 000 Einwohner zählenden Stadt zwischen Braunschweig und Hannover im Mittelpunkt. 1858 wird die Ilseder Hütte gegründet, 1872 das Peiner Walzwerk eingeweiht. Ein großer Eisenerzblock symbolisiert die Entwicklung zu einer mittleren Industriestadt, die viele Menschen aus Nah und Fern auf der Suche nach Arbeit anzieht.

Peine profitiert dabei von seiner Infrastruktur für den An- und Abtransport von Rohstoffen und Stahlerzeugnissen: Bereits 1844 wird der Bahnhof eingeweiht, es folgen 1929 der Mittellandkanal und 1936 die Autobahn. Auch heute steigen noch riesige Rauchwolken im zentral gelegenen Stahlwerk in die Luft auf, doch die Stadt hat sich verändert: Die Ilseder Hütte wurde bereits vor 40 Jahren geschlossen, demnächst gibt eine traditionsreiche Brauerei den Betrieb auf. Zwei Drittel der Beschäftigten arbeiten heute im Dienstleistungsbereich, die Zahl der Arbeitsplätze in Industrie und Handwerk geht seit Jahren zurück.

Gründungsjahr „nicht haltbar“

Auch dem Thema Glauben ist in der Ausstellung ein Kapitel gewidmet. Es wird an den 30-jährigen Krieg erinnert, der in Peine dazu führte, dass im Zuge der Gegenreformation 1628 Protestanten den katholischen Glauben annehmen oder die Stadt verlassen mussten.

Es wird daran erinnert, dass nach dem zweiten Weltkrieg durch die Flüchtlinge aus dem Osten viele Katholiken nach Peine kamen. Als Gastarbeiter gelangten auch viele Muslime nach Peine, für die in der Kantine des Stahlwerks bereits in den 60er-Jahren Essen ohne Schweinefleisch sowie Gebetszeiten angeboten wurden.

An einer Hörstation spricht der Vorsitzende der Peiner Moschee über die Bedeutung des Betens in seinem Glauben. Daneben kann man sich Teile einer christlichen Leichenpredigt aus dem Jahr 1719 anhören – irritierend ist der dazugehörige Text, der den falschen Eindruck erzeugt, dass heute bei Bestattungen Predigten nicht mehr üblich seien.

Jüdische Geschichte ohne Hörstation

Eine Hörstation zum jüdischen Glauben fehlt – aus Angst vor Anfeindungen sei niemand aus der kleinen jüdischen Gemeinde bereit gewesen, öffentlich über seinen Glauben zu sprechen. An der Stelle der 1938 zerstörten Peiner Synagoge steht heute eine steinerne Säule als Mahnmal. An einer Station in der Ausstellung können Besucher die Frage beantworten: Was glaubt du denn?

Bleibt die Frage: Existiert Peine tatsächlich seit 1223? Gründungsurkunden, die dieses Datum belegen könnten, wurden bei einem Brand Mitte des 16. Jahrhunderts vernichtet. Seit 1923 wird das Jahr 1223 als Gründungsdatum der Stadt Peine gefeiert, mit Bezug auf den nachgewiesenen Kauf einer Burg durch den Hildesheimer Bischof Konrad im Jahr 1223. Doch vor einigen Jahren wurden in Peine zwei Brunnen bei Grabungsarbeiten entdeckt, die aus den Jahren 1213 und 1214 stammen.

Das Fazit von Andreas Kulhawy, Leiter des Stadtarchivs Peine: „Das überlieferte und in der Peiner Bevölkerung seit rund 100 Jahren weitgehend akzeptierte ‚Gründungsjahr‘ der Stadt Peine ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht mehr haltbar. Allerdings hat es nun seinerseits eine 100-jährige Tradition für sich!“

Info: Die Ausstellung „Peine 800“ läuft bis 2. Juni im Kreismuseum Peine, Di-So, 11 bis 17 Uhr