Papst-Appell für soziale Gerechtigkeit in Singapur

Singapur ist eines der wohlhabendsten Länder der Erde. Doch nicht alle haben Anteil daran – am wenigsten die zahlreichen Gastarbeiter. An ihr Schicksal erinnert der Papst während seines Besuchs in dem Stadtstaat.

Papst Franziskus hat in Singapur, einem der reichsten Länder weltweit, mehr soziale Gerechtigkeit gefordert. In einer Ansprache vor politischen Verantwortungsträgern am Donnerstag machte er besonders auf die vielen Gastarbeiter in dem Stadtstaat aufmerksam. Ihnen müsse ein angemessener Lohn garantiert werden, so das katholische Kirchenoberhaupt. Schließlich trügen sie viel zum Aufbau der Gesellschaft bei.

Rund 1,5 Millionen Arbeitsmigranten leben unter teils prekären Bedingungen in dem 5,6-Millionen-Einwohner-Land, das etwa so groß wie Hamburg ist. Menschen aus Indien, Myanmar oder Bangladesch arbeiten etwa als Haushaltshilfen oder auf Baustellen.

Franziskus warb dafür, dass Singapur seine Bemühungen um das Gemeinwohl so lange fortsetze, bis alle Einwohner voll am herrschenden Wohlstand beteiligt seien. “In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Gefahr hinweisen, die ein gewisser Pragmatismus und eine gewisse Überbewertung der Leistung mit sich bringen, nämlich die unbeabsichtigte Folge, dass dadurch die Ausgrenzung derjenigen legitimiert wird, die kaum an den Errungenschaften des Fortschritts teilhaben”, warnte der Papst.

Zugleich lobte er das hohe Entwicklungsniveau des seit 1965 eigenständigen Staates. Der “Wald modernster Wolkenkratzer” veranschauliche menschlichen Erfindungsreichtum, die Dynamik der Gesellschaft Singapurs sowie den Scharfsinn des Unternehmergeistes. Trotz aller technischen Errungenschaften dürfe aber nicht vergessen werden, “dass es wesentlich ist, reale und konkrete menschliche Beziehungen zu pflegen”.

Bei einer Messe im Nationalstadion mit Zehntausenden Gläubigen rief Franziskus am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) abermals zu gegenseitigem Respekt und Mitmenschlichkeit auf. Die Schwächsten der Gesellschaft dürften nicht vergessen werden, da es für sie ohne Liebe “kein Leben, keinen Antrieb, keinen Grund zum Handeln, keine Kraft zum Aufbauen gibt”, sagte er. Ohne einen “Sieg der Liebe über den Hass, der Solidarität über die Gleichgültigkeit, der Großherzigkeit über den Egoismus” wäre niemand in der Lage gewesen, eine so große Metropole wie Singapur zu errichten, betonte der Papst.

Während der Stadionmesse fanden in mehreren Kirchen des Landes Live-Übertragungen für all jene statt, die keine der begehrten Eintrittskarten bekommen hatten. Darunter waren auch Dutzende Katholiken aus Vietnam. “Wir hoffen und beten, dass der Papst bald auch nach Vietnam kommt”, sagte ein Priester aus dem kommunistisch regierten Land.

Singapur ist die letzte Station der knapp zweiwöchigen Asien-Pazifik-Reise des Papstes. Am Freitag kehrt er nach Rom zurück. Weitere Stationen der längsten Auslandsreise in der Amtszeit von Franziskus waren Indonesien, Papua-Neuguinea und Osttimor.