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Pädagoge: Beziehungsarbeit gegen Radikalisierung bei Jugendlichen

Der Duisburger Pädagoge Burak Yilmaz wirbt dafür, stärker auf Menschen zuzugehen, die für Radikalisierung anfällig sind. „Ich wehre mich immer wieder dagegen, dass man nichts dagegen tun könnte. Wir können etwas dagegen tun“, sagte der Autor, der mit Jugendlichen zum Thema Islamismus arbeitet, dem WDR5-„Morgenecho“ am Donnerstag. „Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft genau jetzt nach Solingen auch aktiv werden.“ Es brauche Beziehungsarbeit.

Im Kontakt zu jungen Menschen sei es wichtig, ihren Ängsten und Verunsicherungen einen Raum zu geben, betonte der Pädagoge. Wenn sie in simple Erklärungsmuster verfielen, müsse man immer wieder einen Perspektivwechsel wagen. Islamistischer Terror sei eine „hochkomplexe Angelegenheit“. Jugendliche müssten die Möglichkeit haben, mit reflektierten Expertinnen und Experten zu sprechen. Dann fühlten sie sich ernst genommen und je länger man mit ihnen arbeite, desto fitter würden sie in diesem Thema.

„Es geht erstmal darum, dass wir überhaupt Angebote schaffen“, betonte Yilmaz. „Wir haben immer noch das Problem, dass es innerhalb der Politik sehr wenig Bewusstsein für Islamismus gibt, obwohl die Konzepte von vielen Menschen seit Jahren auf dem Tisch liegen.“ Politik arbeite lieber mit Vereinen oder Verbänden, „die reaktionär sind und jede Debatte über Islamismus verhindern wollen“. Als Beispiele nannte er Ditib oder Milli Görüs.

Die sozialen Medien spielten „eine enorme Rolle“ in der Radikalisierung von Menschen, betonte Yilmaz. Seit dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel im vergangenen Oktober habe islamistische Propaganda bei TikTok und Instagram „Hochkonjunktur“. „Und dadurch kommen sehr viele Menschen mit dieser Ideologie in Kontakt und dann bildet sich eigentlich so ein Zeitfenster von ein bis zwei Jahren, wo dieser Radikalisierungsprozess sich abschließt“, erläuterte der Pädagoge. In dieser Zeit würden junge Menschen ideologisiert, was bedeute, dass sie mit Verschwörungsmythen, rassistischen Narrativen und einem Geschlechterbild konfrontiert würden, in dem die Frau dem Mann untergeordnet ist.

Islamistische Prediger hätten es geschafft, bei TikTok ein Angebot zu schaffen, wo junge Menschen über ihre Verzweiflung und Verunsicherung mit Blick auf den Krieg im Gazastreifen sprechen könnten. Die charismatisch und rhetorisch versierten Prediger böten ihnen simple Welterklärungen an. Sie sprächen die Themen der Jugendlichen an, lieferten ihnen Videos in „High-End-Quality“ und bauten Beziehungen zu ihnen auf.