Die ländlichen Gebiete im Osten Europas stehen im Blickpunkt der neuen Ausgabe der Zeitschrift “Ost-West. Europäische Perspektiven”. Darin geht es um Idylle und Tristesse sowie um Landliebe und Stadtflucht.
Den unterschiedlichen Facetten vom Leben auf dem Dorf in Mittel-, Ost- und Südosteuropa spürt die neue Ausgabe der Zeitschrift “Ost-West. Europäische Perspektiven” (OWEP) nach. Für die einen ist es die reine Idylle, für die anderen eher ein Ausdruck von Tristesse. Im Mittelpunkt steht nicht nur das historische Erbe aus den Zeiten des Kommunismus, das bis heute viele ländliche Strukturen prägt. Auch aktuelle Entwicklungen finden Beachtung – gerade solche, die abseits urbaner Zentren entstehen und dennoch weitreichende gesellschaftliche Auswirkungen haben.
Die Zeitschrift wird vom katholischen Osteuropa-Hilfswerk Renovabis und vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken herausgegeben. Die Reihe erscheint im Verlag Friedrich Pustet Regensburg.
Die Vielfalt dörflichen Lebens im Osten Europas ist laut Mitteilung enorm: Olivenbäume auf den adriatischen Inseln, Tourismus in den Ostalpen, riesige Bauernhöfe in den eurasischen Steppen und Moore in den nördlichen Regionen. Dennoch gebe es verbindende Erfahrungen, schreiben die beiden Wissenschaftler Alexander Vorbrugg und Lana Peternel in ihrem Einführungstext. So prägten bis heute die Spuren der industrialisierten Landwirtschaft, der sozialistischen Kollektivierung und der postsozialistischen Krisen und Konflikte das Leben.
Der tschechische Historiker Matej Spurny macht deutlich, welchen Verlust die Vertreibung der Deutschen für die Grenzregion und die tschechische Kulturlandschaft bedeutete. Die Slawistin Nina Frieß befasst sich mit der russischen Tradition der Dorfprosa, die in literarischer Form zeigt, welche Folgen die Auflösung der dörflichen Gemeinschaften mit sich brachte. Vor diesem Hintergrund lasse sich nachvollziehen, “warum es vielen Menschen heute sogar attraktiver erscheint, in einen Krieg zu ziehen als in der Perspektivlosigkeit russischer Dörfer und Kleinstädte zu verharren”, so die Autorin.
Thomas Roser, Balkan-Korrespondent in Belgrad, berichtet in seiner Reportage über den Verfall in Serbiens schrumpfenden Dörfern: Hält der Trend an, könnten nach Prognosen der Demografen bis 2050 insgesamt zwei Drittel der 4.700 Dörfer des Landes verlassen sein. Eine andere Herausforderung beschreibt der Journalist Alexander Welscher. Er hat das litauische 500-Seelen-Dorf Rūdninkai besucht, in dem die Bundeswehr zum Schutz der Nato-Ostflanke bis zu 5.000 Soldaten stationieren will und dafür eine ganze Militärstadt aus dem Boden gestampft wird.