Weltweit wollen am „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ (Orange Day) am Dienstag Initiativen aufmerksam machen. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sieht in der Bekämpfung von häuslicher Gewalt eine Frage der inneren Sicherheit. „Sie betrifft die Stabilität unseres Zusammenlebens und die Sicherheit in den eigenen vier Wänden“, sagte sie am Freitag mit Blick auf den Gedenktag.
„Die Zahlen sind erschütternd und zeigen, dass häusliche Gewalt kein Randphänomen ist, sondern mitten in unserer Gesellschaft stattfindet“, sagte Behrens. So stiegen die polizeilich registrierten Fälle laut Ministerium erneut an. Vielfach sind Partner oder Familienangehörige die Täter. 2024 wurden im Bundesland insgesamt 30.209 Opfer von häuslicher Gewalt polizeilich bekannt. Fast 70 Prozent waren weiblich.
Auch im Land Bremen sind die Zahlen zu geschlechtsspezifischer Gewalt weiterhin gravierend hoch, wie Frauensenatorin Claudia Bernhard (Linke) sagte. Bei der Partnerschaftsgewalt verharrten demnach im Land Bremen mit 2.458 Fällen im Jahr 2024 die Zahlen auf einem sehr hohen Niveau. Die Bremer Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm verwies zudem auf eine hohe Dunkelziffer.
Laut der niedersächsischen Statistik waren Körperverletzungen die häufigsten Delikte. Hinzu kamen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Bedrohungen und Nachstellungen, 23 Frauen wurden 2024 getötet. Landtagspräsidentin Hanna Naber forderte angesichts der Zahlen dazu auf, „Frauenfeindlichkeit, die vermehrt als politische Agenda betrieben wird und der Gewalt gegen Frauen einen Nährboden bietet, vehement entgegenzutreten“.
Die hannoversche Polizeipräsidentin Gwendolin von der Osten sieht zudem durch Straftaten im digitalen Raum neue Gefahren für Frauen. Die Anonymität sorge dabei bei Tätern dafür, dass sie weniger Verantwortungsbewusstsein hätten, erläuterte sie im Gespäch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dabei reichten die Delikte von Beleidigung und Verleumdung bis zu Erpressung oder dem Versenden von weiblichen Nacktbildern, die mit Künstlicher Intelligenz erstellt seien.
„Viele betroffene Frauen ziehen sich einfach zurück und versuchen, das Erlebte zu verdrängen, weil es für sie sehr schambehaftet ist“, sagte die Polizeipräsidentin, die gemeinsam mit kirchlichen Gruppen am Dienstag auf dem Weihnachtsmarkt in Hannover auf das Thema und Hilfsangebote aufmerksam machen will: „Wichtig ist aber, dass die Scham die Seite wechselt.“
In Niedersachsen und Bremen sind am Dienstag zahlreiche Aktionen geplant, so sollen in Braunschweig auf dem Schlossplatz Holzkreuze an Frauen erinnern, die 2024 in Deutschland Opfer eines Femizids wurden. Der Braunschweiger Dom lädt zu einer politischen Abendandacht ein. In der Stadthalle in Nordheim wird die Ausstellung „Was ich anhatte“ gezeigt, die Kleidungsstücke von Frauen zeigt, die sie während eines sexuellen Übergriffs getragen haben.
Weltweit werden am Dienstag markante Gebäude orangefarben angeleuchtet, so auch die Polizeidirektion Göttingen, Rathäuser in Leer und vielen anderen Städten oder das Zentralgebäude der Leuphana Universität Lüneburg. Auch Flaggen, orangefarbene Bänke oder Brötchentüten werben vielerorts für den Aktionstag. Der Tag wurde erstmals 1981 von Feministinnen aus Lateinamerika und der Karibik ausgerufen. 1999 erkannten die Vereinten Nationen ihn offiziell an.