Özdemir: Die Esskultur entwickelt sich weiter – Kein Kulturkampf
Wie ernähren sich die Menschen in Deutschland, und welche Erwartungen haben sie an Lebensmittelbranche und Landwirtschaft? Antworten liefert der Ernährungsreport, den Cem Özdemir vorgestellt hat.
Die Verbraucher in Deutschland achten immer stärker auf die Qualität von Lebensmitteln, eine regionale Herstellung und das Tierwohl: Das geht aus dem Ernährungsreport 2024 hervor, den Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) am Dienstag in Berlin vorstellte.
Özdemir wandte sich dabei gegen eine politische Instrumentalisierung der Ernährungsfrage, immer neue Vorschriften sowie Belehrungen der Bürger durch die Politik: Die Menschen in Deutschland wollten echte Wahlfreiheit und gute Qualität. Lebensmittelindustrie, Landwirtschaft und Verbraucher seien bei der Fortentwicklung der Ernährung schon viel weiter, als manche Kulturkämpfe vermuten ließen. “Die Esskultur entwickelt sich weiter”, so der Minister.
Laut der Forsa-Umfrage achten mittlerweile fast doppelt so viele Menschen wie noch 2015 beim Einkauf auf das Tierwohllabel: Ihre Zahl hat sich von 36 Prozent auf 65 Prozent erhöht. Beim EU-Biosiegel stieg der Anteil im gleichen Zeitraum von 47 auf 59 Prozent. Mit 39 Prozent kaufen auch deutlich mehr Menschen “öfters” vegetarische oder vegane Alternativen zu tierischen Produkten. 2020 lag dieser Wert bei 29 Prozent. Özdemir verwies darauf, dass das häufig nicht ideologisch begründet werde, sondern eine Folge der Neugier der Verbraucher sei.
Konstant ist die Antwort auf die Frage, was den Menschen beim Essen (sehr) wichtig ist: Seit 2015 beantworten 98 oder 99 Prozent dies mit “gutem Geschmack” (2024: 99 Prozent). Das Kriterium “gesund” steht traditionell mit je 89 bis 92 Prozent auf Platz zwei (2024: 91 Prozent). Frauen legen dabei mit 97 Prozent deutlich mehr Wert auf gesunde Ernährung als Männer (85 Prozent).
Laut Ernährungsreport essen 71 Prozent der Befragten mindestens einmal am Tag Obst und Gemüse. Milchprodukte wie Joghurt oder Käse stehen bei 62 Prozent auf dem täglichen Speiseplan. Das sind vier Prozentpunkte mehr als 2023. Bei Fleisch oder Wurst gibt es mit 23 Prozent zum Vorjahr kaum Veränderungen. Seit Beginn der Befragung verzehren jedoch immer weniger Menschen täglich Fleisch oder Wurst: 2015 waren es 34 Prozent und damit elf Prozentpunkte mehr als derzeit.
88 Prozent haben den Nutri-Score beim Einkauf schon einmal auf einer Lebensmittelverpackung wahrgenommen. Bei der ersten Erhebung 2021 waren es 44 Prozent. 37 Prozent geben an, dass der Nutri-Score auch die Kaufentscheidung beeinflusst. Zusätzlich zu Labeln achten die Befragten auf Saisonalität bei Obst und Gemüse (80 Prozent) und darauf, dass die Produkte aus ihrer Region kommen (77 Prozent).
Auf Angebote achten 68 Prozent – das sind fünf Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Ein Großteil der Befragten (92 Prozent) findet es sehr wichtig oder wichtig, dass die Politik für bessere Tierhaltungsbedingungen sorgt. Fast genauso viele (91 Prozent) meinen, dass in Haushalten und Betrieben weniger Lebensmittelabfälle produziert werden sollten. Den Ausbau des Ökolandbaus befürworten 88 Prozent. 42 Prozent sind der Auffassung, dass Obst und Gemüse zu teuer sind, bei Fleisch- und Wurstprodukten sind es 25 Prozent.
Das Ministerium veröffentlicht den Ernährungsreport “Deutschland, wie es isst” seit 2015 jährlich auf Basis einer repräsentativen Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa unter rund 1.000 Bundesbürgerinnen und -bürgern ab 14 Jahren.