Neues Testament umschreiben?

UK 2/2018, Schule und religiöse Identität (Seite 6: „Wahrheit gibt es nur im Plural“)
Die Aussage des Schulreferenten Mattke, es sei „eine Erkenntnis unserer Zeit, dass es Wahrheit nur im Plural gibt“, hat mich in dieser Allgemeinheit sehr irritiert. Soll man sich als evangelischer Christ nun dem postmodernen Relativismus unterwerfen und unser Neues Testament  umschreiben? Darf Jesus nicht mehr gesagt haben: „Ich bin (…) die Wahrheit und das Leben“ (Johannes 14,6), sondern: „Ich bin eine von vielen Wahrheiten“? Muss der „Missionsbefehl“ (Matthäus 28,19) fortan lauten: „Gehet hin und tretet in einen Dialog mit Vertretern aller Völker ein, damit ihr im Kontext anderer Religionen euren eigenen Glauben wahrnehmt und entwickelt?“
Was bei dem Religionslehrertag seitens der Lippischen Landeskirche vermittelt wurde, steht offensichtlich nicht im Einklang mit den – für den Dialog mit anderen Religionen –  von der EKD formulierten Leitlinien (vgl. EKD Texte 77 „Christlicher Glaube und nichtchristliche Religionen“). Darin heißt es: „Nach christlichem Verständnis ereignet sich die Wahrheit in der Offenbarung des lebendigen, von der Sünde errettenden Gottes in Jesus Christus (…). Diese Wahrheit bezeugt die christliche Kirche, auch wenn sie sich auf andere Religionen bezieht.
(…) Würden die Kirche und die Christen darauf verzichten, dann hätten sie im Grunde aufgehört, Kirche oder Christen zu sein.“ (Ebd. S. 14) Oder sollten sich diese Leitlinien geändert haben?
Dr. Rainer Madsen, Bochum