Neue mögliche Missbrauchsfälle in braunschweigischer Kirche

In der braunschweigischen Landeskirche sind 13 weitere Fälle, darunter auch Verdachtsfälle, sexualisierter Gewalt durch Pfarrpersonen ans Licht gekommen. Das gab Landesbischof Christoph Meyns am Freitag vor der in Königslutter tagenden Landessynode bekannt. Für eine übergreifende Missbrauchsstudie für den Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hatte die Landeskirche sämtliche Personalakten aus den Jahren 1946 bis 2020 gesichtet.

Die von der EKD geförderte Forum-Studie soll voraussichtlich am 25. Januar veröffentlicht werden und Strukturen und Muster sexualisierter Gewalt und Missbrauchsformen in der evangelischen Kirche offenlegen. Ziel ist eine Gesamtanalyse evangelischer Strukturen und systemischer Bedingungen, die sexualisierte Gewalt begünstigen und ihre Aufarbeitung erschweren.

Die weiteren aufgefunden Fälle seien sehr unterschiedlicher Natur, sagte Meyns. Dazu zählten Verdachtsfälle, in welchen nichts nachgewiesen werden konnte, aber auch drei bis vier Fälle von strafrechtlicher Relevanz aus den 1960er-Jahren. In der braunschweigischen Landeskirche waren bislang acht Fälle von sexualisierter Gewalt bekannt. Die Taten seien sowohl in Kirchengemeinden als auch in Kinderheimen geschehen. Viele Betroffene hätten sich erst nach Jahrzehnten offenbart.

Der Leiter der Rechtsabteilung, Oberlandeskirchenrat Christoph Goos, sagte, die Landeskirche prüfe derzeit, wie die Akten weiterer Berufsgruppen, insbesondere von Kirchenmusikern und Diakonen durchgesehen werden könnten. Eine Herausforderung sei dabei die oft dezentrale Lagerung der Schriftstücke, sofern sie noch vorhanden seien.

Landesbischof Meyns, der auch für den Rat der EKD Mitglied im „Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt“ ist, betonte, bereits seit 2010 habe die Landeskirche ständig Fortschritte gemacht und so zum Beispiel ihre Präventionsarbeit neu aufgestellt. Auch auf Ebene der EKD arbeiteten Betroffene und Kirchenvertreter nach einem „langen, harten Weg“ gut und konstruktiv zusammen. „Das ist ein Marathon, den wir laufen.“

Entscheidend seien aber nicht allein die Zahlen, unterstrich Meyns. So werde die Forum-Studie sich auch stark mit der Perspektive und den Erfahrungen der Betroffenen befassen. „Wir hoffen, dass wir sehr deutlich davon lernen.“

Die Landeskirche hatte im vergangenen Jahr auch ein Gesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt auf den Weg gebracht. Es soll dazu beitragen, dass insbesondere Kinder, Jugendliche und Heranwachsende in der Kirche noch besser davor geschützt sind, Opfer von sexuellem Missbrauch zu werden. Außerdem regelt es, wie mit Fällen sexualisierter Gewalt umzugehen ist und wie den Opern geholfen werden kann.

Die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig zählt als eine von 20 Landeskirchen in Deutschland rund 294.000 Mitglieder in 270 Gemeinden. Ihr Gebiet erstreckt sich von Wolfsburg bis an den Südrand des Harzes. Die Landessynode tagt noch bis zum Sonnabend in Königslutter.