Neue Gedenkstätte erinnert an DDR-Unrecht

Mit einem Festakt ist am Freitag in Chemnitz die neue Gedenkstätte im ehemaligen Kaßberg-Gefängnis eingeweiht worden. In der DDR war die Stasi-Haftanstalt das Drehkreuz für den sogenannten Häftlingsfreikauf. Die Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur, Evelyn Zupke, würdigte den Ort als einen bedeutenden Lern- und Geschichtsort.

„Wir können das Unrecht nicht ungeschehen machen“, sagte Zupke, „aber wir können darüber aufklären“. Die Opferbeauftragte betonte: „Jeder Euro, der in diese Gedenkstätte fließt, ist eine Investition in unsere Demokratie.“ Sie warb dafür, in den Lehrplänen den Besuch eines Lernortes der SED-Diktatur zu verankern.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) betonte: „Der Kaßberg ist ein Ort nationalen Gedenkens und Erinnerns.“ Es brauche die würdige, ständige Auseinandersetzung mit Geschichte, auch für die nächsten Generationen. „Geschichte darf nicht verblassen“, sagte Kretschmer. Notwendig seien daher auch mehr Forschungsprojekte zur Geschichte der DDR.

Der Aufbau des Gedenkortes im ehemaligen Abschiebegefängnis kostete rund 4,6 Millionen Euro. Bund, Land und die Stadt Chemnitz haben das Projekt finanziert. An dem Festakt nahmen mehr als 300 Menschen teil, darunter Zeitzeuginnen und Zeitzeugen.

Zwischen 1963 und 1989 kaufte die bundesdeutsche Regierung 33.755 politische Häftlinge frei. Etwa 90 Prozent von ihnen gelangten über das Kaßberg-Gefängnis im damaligen Bezirk Karl-Marx-Stadt in die Bundesrepublik. Rund 3,4 Milliarden D-Mark ließ sich die Bonner Regierung das kosten.

Die neue Gedenkstätte könne „dabei helfen, etwas über Diktaturen und den Wert von Freiheit und Demokratie zu erfahren“, sagte Kretschmer. Für Sachsen und ganz Deutschland sei ein „Ort des Erinnerns und des Austausches“ entstanden.

Der neue Lern- und Gedenkort in Chemnitz öffnet am Samstag im früheren Hafttrakt B des Kaßberg-Gefängnisses. Vorgestellt werden in den ehemaligen Zellen Lebensgeschichten politischer Gefangener in zwei Diktaturen. Im Fokus steht der Häftlingsfreikauf in der DDR. Der Vorsitzende des Trägervereins, Jürgen Renz, sagte zum Konzept: „Wir wollen Menschen zeigen, die gegen die Diktatur aufgestanden sind.“

Die Dauerausstellung über mehrere Etagen informiert auch über das Gefängnis in der NS-Zeit, als Untersuchungshaft des Ministeriums für Staatssicherheit sowie die Zeit der Nutzung durch den sowjetischen Geheimdienst NKWD nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Gedenkstätte steht in Trägerschaft des 2011 gegründeten Vereins „Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis“, der sich trotz etlicher Hürden jahrelang für den Aufbau eingesetzt hat.

Der Gebäudekomplex war 1876 als Königlich-Sächsische Gefangenenanstalt erbaut worden. Ein Teil der Häuser wurde abgerissen, es entstand ein moderner Wohnkomplex. 2017 wurde im Außenbereich des früheren Gefängnisses eine kleine Gedenkausstellung eingerichtet. Im November 2021 erfolgte schließlich der erste Spatenstich für die Gedenkstätte.