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Neue Friedensdenkschrift der evangelischen Kirche

Gewalt ist das allerletzte Mittel: Die evangelische Kirche veröffentlicht ein neues Papier zur Friedensethik. Bischöfin Fehrs ist die Ratsvorsitzende und erklärt die Problematik bei dem Thema.

Um den Frieden zu erhalten, kann nach den Worten der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischöfin Kirsten Fehrs, der begrenzte Einsatz von Gewalt gerechtfertigt sein. “Rechtserhaltende Gewalt zur Verteidigung einzusetzen, ist die Ultima Ratio, das allerletzte Mittel”, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland und unterstrich damit ihre Worte vor der Synode ihrer Kirche in Dresden am Sonntag.

Grundlegend für die friedenspolitische Haltung ihrer Kirche bleibe zwar der Verzicht auf die Anwendung von Gewalt, zugleich dürfe christliche Friedensethik ihre Augen aber “nicht vor der Realität verschließen”, sagte Fehrs. “Es bleibt ein Gebot der Nächstenliebe, dass wir Menschen, die an Leib und Leben und in ihrer Würde bedroht sind, nicht schutzlos der Gewalt ausgesetzt lassen”, betonte sie.

Hintergrund der Aussagen ist eine neue Friedensdenkschrift der evangelischen Kirche, die an diesem Montag in Dresden der Öffentlichkeit vorgestellt wird. An dem rund 150 Seiten starken Papier wurde seit 2023 gearbeitet. Es versucht, die verschiedenen Strömungen innerhalb der Kirche abzubilden, die teils sehr unterschiedliche friedenspolitische Vorstellungen haben. So gab es nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine beispielsweise innerkirchlich teils heftige Debatten über deutsche Waffenlieferungen an die überfallene Ukraine.

“Innerhalb des evangelischen Diskurses gibt es ein breites Spektrum, das ist richtig und auch gut so”, sagte die Theologin dazu. Die neue Denkschrift solle ein ethischer Kompass in einer Zeit der Bedrohungen sein, erklärte Fehrs. Die in ihm aufgeworfenen Fragen könnten dabei helfen, sich der veränderten Bedrohungslage bewusst zu werden. Sie verwies in diesem Zusammenhang unter anderem auf eine wachsende Gefahr hybrider Kriegsführung sowie darauf, dass “die Übergänge zwischen Friedens- und Kriegszustand” heute diffuser seien als in früheren Zeiten.

Den Nutzen einer atomaren Abschreckung erkannte die Hamburger Bischöfin ausdrücklich an: “Nachdem die Ukraine auf Nuklearwaffen verzichtet hat, ist sie Opfer russischer Aggression geworden”, erklärte sie. Der einseitige Verzicht auf Atomwaffen könne eine aggressive Diktatur ermutigen, ein anderes Land zu überfallen. Ethisch zu rechtfertigen seien Atomwaffen dennoch nicht: “Wir müssen uns daher unbedingt weiter für eine Welt ohne Atomwaffen einsetzen, das steht für mich außer Frage.”