Die Europa-Bewegung „Pulse of Europe" (deutsch: Puls von Europa) will vor der Bundestagswahl im September die Zahl ihrer Kundgebungen wieder erhöhen. Sprecherin Stephanie Hartung zieht im Interview mit Christoph Arens in Frankfurt eine positive Bilanz der bisherigen Aktionen: „Wir konnten den großen Parteien vermitteln, dass man Europa nicht verstecken darf und mit europäischen Themen durchaus Wahlkämpfe gewinnen kann.“ Eine Partei will die Bewegung aber nicht werden.
Täuscht der Eindruck, dass Pulse of Europe nach starkem Wachstum im Frühjahr ein wenig im Sommerloch steckt?
Das lässt sich nicht leugnen. Derzeit sind Sommerferien in wohl allen europäischen Ländern. Da kann man nicht erwarten, dass die monatlichen Demonstrationen große Teilnehmerzahlen haben. Aber immerhin sind am 2. Juli europaweit noch mehr als 10 000 Menschen für Europa auf die Straßen und Plätze gegangen.
Erhoffen Sie sich im Herbst eine neue Dynamik?
Wir sind ja erst sechs, sieben Monate alt. Seit Januar sind wir explosionsartig gewachsen. Mittlerweile gibt es regelmäßige Pulse-of-Europe-Veranstaltungen in 130 Städten in 20 europäischen Ländern. Im April und Mai haben mit Blick auf die Wahlen in Frankreich und den guten Ausgang der Wahlen in den Niederlanden mehr als 50 000 Menschen sonntags für Europa demonstriert.
Können Sie nach eigener Einschätzung Erfolge verbuchen?
Wir haben als Initiatoren das Gefühl, dass wir zur richtigen Zeit ein richtiges Thema in die Öffentlichkeit gebracht haben. Wir konnten deutlich machen, dass es trotz Le Pen, Wilders und der nationalistischen Töne der AfD weit mehr Menschen gibt, die für Europa sind. Wir haben viele positiv besetzte Bilder für Europa in die Medien transportiert.
Wie hat die Politik reagiert?
Die Reaktionen waren sehr positiv. Ich glaube, wir konnten den großen Parteien in Deutschland vermitteln, dass sie sich des Themas „Europa“ annehmen und es auf der politischen Agenda ganz oben ansiedeln müssen, auch und gerade angesichts des gegenwärtigen Wahlkampfes. Man darf Europa nicht verstecken und kann mit europäischen Themen durchaus Wahlen gewinnen.
Ist das dann auch ein Auftrag, bei der Bundestagswahl wieder stärker öffentlich präsent zu sein?
Ja, das ist geplant. Nach den Frankreich-Wahlen sind wir ja dazu übergegangen, nur noch jeweils am ersten Sonntag im Monat zu demonstrieren. Im September wollen wir wieder an jedem Sonntag zu Veranstaltungen aufrufen. Wir wollen europäische Themen auch im Bundestagswahlkampf voranbringen – und dabei strikt überparteilich bleiben.
…Wollen Sie selber eine Partei werden?
Nein, wir wollen eine Bürgerbewegung bleiben. Unser Ziel ist es, eine Schnittstelle zwischen Bürgern und Politik zu sein und das europäische Bewusstsein wach zu halten.
Wie soll es denn auf Dauer mit Pulse of Europe weitergehen?
Die rasante Entwicklung unserer Bewegung hat natürlich unglaublich viel Kraft gekostet. Wir engagieren uns alle ehrenamtlich, leben ausschließlich von Spenden, also von der Hand in den Mund. Da wir europaweit so schnell gewachsen sind, müssen wir jetzt tragfähige Strukturen schaffen. Da gibt es einen riesigen Abstimmungsbedarf. Mittlerweile haben alle Standorte eine einheitliche E-Mail-Struktur. Wir arbeiten daran, länderübergreifende Arbeitsgruppen zu bilden und ein Intranet zu etablieren. Und wir müssen uns auch untereinander besser kennenlernen – es gibt in jedem Land sehr unterschiedliche Bedingungen. In Frankfurt etwa ist die Stimmung sehr pro-europäisch, wir haben den Platz immer voll bekommen. In Warschau gibt es da ganz andere Voraussetzungen, eine andere politische Grundstimmung.
Nach dem Sommerloch muss man auch mit dem Winter rechnen…
Es stehen ja weitere Richtung weisende Wahlen in Europa an: in Österreich etwa und in Italien. Die Themen gehen uns nicht aus.
