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Netzagentur: Wir schränken Meinungsfreiheit nicht ein – im Gegenteil

Donald Trump wirft der EU vor, mit ihren Digitalgesetzen die Meinungsfreiheit zu gefährden. Auch in Deutschland gab es heftige Kritik an der “grünen Zensurbehörde”. Der Netzagentur-Chef hält dagegen – mit neuen Zahlen.

Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, verteidigt die europäische Tech-Regulierung gegen Angriffe von US-Präsident Donald Trump. “Wir schränken die Meinungsfreiheit nicht ein – im Gegenteil: Wir schützen sie”, sagte er im Interview der “Zeit”. Der Digital Services Act (DSA) – ein Gesetz, das vor allem gegen illegale Inhalte im Internet vorgeht – wird von der US-Regierung als Angriff auf die Meinungsfreiheit gesehen. Die Bundesnetzagentur ist in Deutschland für die Umsetzung verantwortlich.

Mit Blick auf Drohungen von Trump, US-Techunternehmen vor EU-Vorgaben schützen zu wollen und mit Strafzöllen dagegen vorzugehen, betonte Müller, die EU-Digitalgesetze seien “nicht verhandelbar”.

Das Verhältnis zwischen den USA und Europa sieht er belastet. In den vergangenen Jahrzehnten sei man sich trotz aller Unterschiede mit Respekt und Wertschätzung begegnet: “Jetzt erleben wir leider Polarisierung und verbale Eskalation.”

Vor einem Jahr hatte die Bundesnetzagentur im Rahmen der DSA-Umsetzung die ersten “Trusted Flagger” in Deutschland ernannt. Das sind Organisationen, die Fälle von Hassrede gemeldet bekommen oder aktiv suchen und weiterleiten, entweder an die Plattformen selbst oder direkt an das Bundeskriminalamt. Dieser Schritt löste heftige Debatten aus, Kritiker bezeichneten die Behörde als “grüne Zensuranstalt” oder “digitale Schlägertruppe”.

Müller verteidigte im Interview dieses System. Zum Beispiel habe die Meldestelle “REspect!”, an deren Zertifizierung sich eine bundesweite Debatte entzündet hatte, im ersten Halbjahr 2.634 Fälle ans BKA gemeldet. 83 Prozent davon seien dann auch tatsächlich strafrechtlich relevant gewesen: “Das ist eine extrem hohe Bestätigungsquote und ein Qualitätsindikator dafür, dass die Kolleginnen und Kollegen dort eine saubere Arbeit machen. Und es zeigt, dass es sich nicht um Zensur handelt, sondern um die Meldung illegaler Inhalte.”

Er räumte allerdings auch ein, dass seine Behörde nicht klar genug kommuniziert habe: “Es geht nur um illegale Inhalte. Hätten wir das deutlicher geschrieben, hätten wir uns möglicherweise nicht dem Vorwurf aussetzen müssen, dass wir auch gegen legalen Hass und legale Fake-News vorgehen würden. Das war eine harte Lektion.”

Klaus Müller war grüner Umweltminister in Schleswig-Holstein und Vorstand des Bundesverbands Verbraucherzentrale, bevor er 2022 Präsident der Bundesnetzagentur wurde.