Naturschutz in Afrika zwischen Profit und Menschenrechten
Viele Europäer wollen in afrikanischen Parks unberührte Natur erleben. Etliche der Schutzgebiete werden von der Organisation African Parks gemanagt. Ein Investigativjournalist sieht die Arbeit der NGO kritisch.
Große Gnuherden, die durch die weitläufige Savanne ziehen, an Wasserstellen trinkende Elefanten, durch Bäume kletternde Paviane sowie Löwen, die sich leise anpirschen, um einen Springbock oder ein Zebra zu reißen. Bilder aus afrikanischen Nationalparks sehen häufig so aus. In Deutschland geprägt hat sie lange der Zoologe Bernhard Grzimek mit Filmen wie “Serengeti darf nicht sterben”.
In seinem an diesem Donnerstag auf Deutsch erscheinenden Buch “Im Namen der Tiere: Wie eine NGO große Teile Afrikas beherrscht” zeichnet der niederländische Journalist Olivier von Beemen nun ein anderes Bild. Seit 2020 hat er über African Parks recherchiert. Die im Jahr 2000 gegründete nichtstaatliche Organisation verwaltet eigenen Angaben zufolge 22 Schutzgebiete in zwölf Ländern; von Benin in Westafrika bis nach Simbabwe im Süden des Kontinents. Nicht alle sind der Öffentlichkeit zugänglich.
Nach Recherchen van Beemens – mit nach eigenen Angaben mehr als 300 Interviews – hat die NGO die Parks in Festungen verwandelt. Die Begründung laute stets, das Gebiet müsse vor Bevölkerung und Wilderern geschützt werden. Menschen, die seit Generationen und lange vor Entstehung der Schutzgebiete dort gelebt hätten, würden häufig der Wilderei beschuldigt, so der Autor. Eine unabhängige Aufklärung sei nicht garantiert.
“Die Ranger sind die Chefs”, sagt van Beemen gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es gebe tatsächlich Wilderei, auch durch Einheimische, räumt er ein. “Mein Punkt ist, dass African Parks sie alle wie Schwerverbrecher behandelt – sogar Leute, die fischen, Holz hacken oder kleine Tiere für den Eigenbedarf töten. Diese militärische Haltung hetzt die Einheimischen gegen den Park auf.” Das sei alles andere als eine nachhaltige Vorgehensweise.
Dass Staaten das Management riesiger Flächen an eine Organisation übergeben, habe folgenden Grund: Naturschutz sei vielerorts keine Priorität. Darum übernehme African Parks die Kontrolle über die Gebiete. Dabei gehe es nicht nur um Schutz und den Aufbau einer touristischen Infrastruktur. Im Norden Benins etwas, wo der Park Pendjari liegt, kontrolliert die Organisation laut van Beemen auch die Grenze zum Park Arly im Nachbarland Burkina Faso. So übernehme sie Aufgaben, die eigentlich staatlichen Sicherheitskräften vorbehalten seien.
In der Region kommt es seit Jahren zu Angriffen bewaffneter sowie mutmaßlich islamistischer Gruppen, die sich von Mali über Burkina Faso in Richtung westafrikanische Küstenstaaten ausbreiten. 2019 wurden zwei Franzosen bei einer Park-Tour entführt, ihr Guide erschossen. Über die genauen Umstände gibt es zahlreiche Spekulationen.
“Trotz militanter Aktivitäten in Benin arbeiten die Parkverwaltung und ein engagiertes Rangerteam weiterhin daran, die Sicherheit im Park zu gewährleisten”, schreibt die Organisation auf ihrer Homepage. Auf der Website des Auswärtigen Amts wird vor Reisen in die Region gewarnt.
Oniya Masiye leitet im südafrikanischen Johannesburg den Zweig Gemeindeentwicklung von African Parks. Sie weist auf Anfrage der KNA die in dem neuen Buch erhobenen Vorwürfe zurück: “Das Buch ist eine verpasste Chance. Es ist nicht genau recherchiert.”
Als Beispiel nennt sie einen Vorfall, der sich laut den Recherchen in Sambia zugetragen haben soll. Wieder geht es um Wilderei. Parkwächter haben demnach einen Mann angeschossen – und schwer am Auge verletzt. Er und weitere Personen, die in unmittelbarer Nähe des Liuwa-Plain-Nationalparks lebten, seien zum Fischen gegangen. Weil die Ranger ein totes Gnu gefunden hätten, seien die Männer der Wilderei beschuldigt und angegriffen worden. “Der Bericht legt nahe, dass es sich um eine Menschenrechtsverletzung handelt”, sagt Masiye. Öffentlich zugängliche Gerichtsakten zeigten jedoch, dass der Fall sich anders abgespielt habe.
Masiye betont, dass es den lokalen Gemeinden weiterhin erlaubt sei, in ausgewiesenen Zonen zu fischen und zu jagen. Zudem werde zwischen regulärer Jagd und verbotener Wilderei unterschieden. Zur Wilderei zähle illegaler Wildtierhandel – etwa durch das Töten von Elefanten wegen des Elfenbeins. Masiye versichert: “Naturschutz ist nur in Partnerschaft mit den lokalen Gemeinschaften möglich.”
Ein zentrales Fazit von Olivier van Beemen ist indes, dass in Europa oft ein verzerrtes Bild über Nationalparks in Afrika herrsche: “Afrika ist unberührte Natur. Wir mögen Elefanten und möchten, dass sie geschützt werden. Die Wahrheit ist aber auch, dass diese Tiere Ernten zerstören.” Zudem gebe es ganz in der Nähe der Schutzgebiete Dörfer und Städte. “Täglich werden Menschen von Wildtieren getötet. Wir meinen aber: In Afrika gibt es viel Platz”, gibt van Beemen zu bedenken.