Eine Gruppe von Nahost-Korrespondenten stellt sich mit einer Erklärung hinter ihre ARD-Kollegin Sophie von der Tann. Sie beklagen eine Kampagne, die die Journalistin und die unabhängige Berichterstattung bedrohe.
Namhafte Nahost-Korrespondenten und Journalisten, die regelmäßig über die Region berichten, haben sich in einer gemeinsamen Erklärung mit der ARD-Israel-Korrespondentin Sophie von der Tann solidarisiert. Von der Tann, die am Donnerstag mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für ihre Arbeit ausgezeichnet wird, sei Opfer einer “Diffamierungskampagne, deren Anschuldigungen längst über sie als Person hinausgehen”, heißt es in der Erklärung, die dazu aufruft, die Medienfreiheit zu respektieren.
Die 72 Unterzeichner schreiben: “Viele von uns berichten seit langem aus Israel, den Palästinensischen Gebieten und der Region. Es ist normal, dass wir als Journalisten von allen Seiten mit Kritik an unserer Arbeit konfrontiert werden.” Sachlicher Kritik stelle man sich täglich. Die derzeitigen Angriffe haben nach Meinung der Unterzeichner jedoch jedes Maß verloren: “Sie zielen offenbar darauf ab, das Ansehen unserer Kollegin zu zerstören sowie kritischen Journalismus zu delegitimieren.”
Die Kritik an von der Tann kommt unter anderen vom bayerischen Antisemitismusbeauftragten Ludwig Spaenle, dem israelischen Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, und jüdischen Verbänden. So bedauerte etwa der Verband Jüdischer Journalistinnen und Journalisten die Auszeichnung von der Tanns, da diese wiederkehrende Erzählmuster verbreite, “die sich darauf beschränken, Israel als Aggressor darzustellen”.
Die Unterzeichner positionieren sich in ihrer Erklärung auch zu dem Vorwurf, von der Tann habe in einem Hintergrundgespräch geäußert, der Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 habe eine Vorgeschichte. Dies hatte unter anderem der israelische Botschafter in Deutschland scharf kritisiert. “Diesem Satz können wir als langjährige Nahostberichterstatter nur zustimmen. Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern reicht viele Jahrzehnte zurück”, heißt es in der Erklärung. Die Vorgeschichte im Blick zu haben, sei keine “Relativierung des 7. Oktober”. In der Berichterstattung seien die “Barbarei des Terrorangriffs und die verheerende Kriegsführung in der Folge” gleichermaßen Thema wie das “Leid auf beiden Seiten”.
Die Korrespondenten kritisieren auch, dass palästinensische Quellen von Israel grundsätzlich infrage gestellt würden; die Regierung in Tel Aviv blockiere aber gleichzeitig trotz der seit dem 10. Oktober geltenden Waffenruhe und der Rückkehr aller noch lebenden Geiseln weiter den Zugang für ausländische Journalisten nach Gaza. Daher sei auch weiterhin keine unabhängige Prüfung der Angaben möglich.
“Versuche, unsere Arbeit zu diskreditieren, gehören leider längst zu unserem Alltag”, heißt es in der Erklärung weiter. Die Angriffe von israelischen Amtsträgern auf von der Tann überstiegen jetzt aber jedes Maß und seien “geeignet, die Kollegin verächtlich zu machen”. Solche Angriffe bedrohten den Kern des Journalismus und die demokratische Meinungsbildung, so die Unterzeichner.