Nahost-Konflikt: Steinmeier fordert mehr Unterstützung für Schulen

Die Woche nach dem 7. Oktober habe sie in Schockstarre verbracht, sagt eine jüdische Schülerin. Der Bundespräsident hatte erneut eingeladen, die Auswirkungen des Nahost-Konflikts zu diskutieren.

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich für mehr Unterstützung der Schulen im Umgang mit dem Nahost-Konflikt ausgesprochen. „Unsere Schulen brauchen noch mehr und vor allem dauerhafte Unterstützung, um den Zusammenhalt in vielfältigen Schulgemeinschaften zu stärken“, sagte er bei einem Runden Tisch mit Vertretern und Vertreterinnen aus Schulen, Bildungspolitik und Initiativen in Berlin. Man müsse sich um die Prävention von Hass und Gewalt kümmern, „statt immer nur Feuerwehr zu spielen, wenn es brennt“, sagte er. Dies verlange die Verantwortung für Demokratie.

Steinmeier sagte, an den Schulen in Deutschland spiegele sich „das ganze Spektrum der Gefühle wider, die der Nahost-Konflikt in unserer Gesellschaft auslöst“. Lehrerinnen und Lehrer kämen dabei in Situationen, in denen sie verunsichert seien oder sich überfordert fühlten. Dies gelte etwa, wenn einzelne Schüler die Hamas als „Befreiungsorganisation“ bezeichnen und den Terror gutheißen, sagte er.

Kein Generalverdacht gegen Muslime

Er warnte zudem vor einem Generalverdacht gegen Muslime. Nicht wenige seien verletzt, weil sie sich seit dem 7. Oktober nicht mehr als Individuen wahrgenommen fühlten, sondern wieder nur als „Migranten“ und „Muslime“. Es schmerze ihn, solche Berichte zu hören.

Bundespräsident Steinmeier hat sich für mehr Unterstützung der Schulen im Umgang mit dem Nahost-Konflikt ausgesprochen
Bundespräsident Steinmeier hat sich für mehr Unterstützung der Schulen im Umgang mit dem Nahost-Konflikt ausgesprochenImago / Metodi Popow

Steinmeier hatte zum zweiten Mal zu einem Runden Tisch eingeladen, um über die Auswirkungen des Nahost-Konflikts auf die deutsche Gesellschaft zu sprechen. Eindrücklich schilderten eine Lehrerin und eine Schülerin jüdischer Schulen Konsequenzen für ihren Alltag. Nach einem Aufruf der terroristischen Hamas zu einem „Tag des Zorns“ am 13. Oktober hätten 80 Prozent der Eltern aus Sorge ihre Kinder an diesem Tag zu Hause gelassen, berichtete die Schulleiterin der I. E. Lichtigfeld-Schule der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main, Noga Hartmann.

Schockstarre nach dem 7. Oktober

Gleiches berichtete Stella, eine Schülerin des Moses-Mendelssohn-Gymnasiums in Berlin, die aus Sicherheitsgründen ihren Nachnamen aus der Öffentlichkeit heraushalten will. Die Woche nach dem 7. Oktober habe sie „in einer Art Schockstarre verbracht“, sagte sie. Sie hob aber auch den Zusammenhalt an der Schule hervor. Es sei zusammen getrauert und gebetet worden. „Es gab einen Punkt, an dem wir uns weinend in den Armen lagen“, sagte Stella.

An der jüdischen Schule in Frankfurt gibt es Hartmann zufolge seit der Eskalation in Israel und dem Gaza-Streifen Abmeldungen, weil Eltern ihre Kinder keiner Bedrohung aussetzen wollten. Auch in Berlin gebe es Abmeldungen vor allem nicht-jüdischer Kinder von jüdischen Schulen und umgekehrt Anmeldungen für diese Schulen von jüdischen Kindern, sagte Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU). „Gerade das wollten wir nicht“, sagte sie. Das Land Berlin biete seit dem 7. Oktober Weiterbildungen zum Nahost-Konflikt für das pädagogische Personal an. Nach wie vor sei jede Veranstaltung ausgebucht, sagte Günther-Wünsch, die auch Präsidentin der Kultusministerkonferenz ist.

Aufgeladenen und gespaltenen Situation an den Schulen

Die Direktorin des Jüdischen Museums in Berlin, Hetty Berg, berichtete dem Bundespräsidenten, dass Gruppen Besuche abgesagt hätten. Sie betonte, dass insbesondere in der aufgeladenen und gespaltenen Situation Gespräche wichtig seien. Man müsse erst einmal jede Äußerung an Schulen zulassen, auch antiisraelische, um dann darüber ins Gespräch zu kommen, sagte sie.

Die Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main, Deborah Schnabel, vermisst nach eigenen Worten Strategien und Maßnahmen gegen Hass und Propaganda im Netz, die eine Ursache für die Auseinandersetzungen auf Schulhöfen seien. Schnabel warnte zudem vor antimuslimischem Rassismus und einer Vermengung der Debatte um Antisemitismus mit der Diskussion um die Asylpolitik. „Rassismus hilft uns jüdischen Menschen nicht“, sagte sie.