Helmut Ruppel (1940-2025) prägte ein wacher, offener Blick auf die Welt, eine immer theologische, lebendige Perspektive auf die Welt und Gott. Den Menschen und ihren Geschichten zugewandt war Helmut Ruppels Sprache auch geschrieben spielerisch leicht, voller Ideen – auch für und mit Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF).
Als Theologe und Pfarrer war er tief geprägt von den Abgründen der Shoah und dem Versagen der Kirchen im Angesicht von Auschwitz und lange danach – und den wenigen mutigen Frauen und Männern, die sich dem entgegenstellten, gerade auch in seiner Heimat Berlin-Dahlem. Ernst Lange, Helmut Gollwitzer, Friedrich-Wilhelm Marquardt und Peter von der Osten-Sacken waren seine Lehrer. Als Studienleiter am Pädagogisch-Theologischen Institut im Evangelischen Bildungswerk Berlin hörte er anderen Generationen zu, war neugierig ohne kritiklos zu sein. So lernte und lehrte er immer gleichsam synchron.
Helmut Ruppel prägte die ASF-Predigthilfe
Zusammen mit Helmut Ruppel entwickelte das Team von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste einen ausgeprägten Sinn für die Notwendigkeit des Verlernens althergebrachter Glaubensbilder von „dem Judentum“, ein Verlernen der ganzen antijüdisch geladenen Selbstverständlichkeiten im kirchlichen immer noch wirksamen Überlegenheitsgefühl oder dem ungläubigen Gebrauch eines negativen Stereotyps als Selbstvergewisserung im Glauben.
Helmut Ruppel prägte 15 Jahre im Team mit Ingrid Schmidt die ASF-Predigthilfen zum Shoah-Gedenktag am 27. Januar, dem Gedenktag zur Reichspogromnacht am 9. November und zum Israelsonntag. Er ließ sich ein auf diese arbeitsreiche Tour anamnetischer und antisemitismuskritischer Theologieproduktion für den gottesdienstlichen Gebrauch auch im Sinne eines Gottesdienstes im Alltag der Welt. Das reichte bis hin zu seiner großartigen und inspirierenden Mitarbeit bei dem Prozessionsgottesdienst zum 50-jährigen Jubiläum der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Ganz im Sinne des biblischen Mottos dieses Gottesdienstes kannte er keine Bedenken: „Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist und was Gott von Dir fordert, Recht tun, Liebe üben und demütig mitgehen mit deinem Gott“ (Micha 6,8).
Helmut Ruppel sprach in poetischer Weise
Die Predigthilfen entstanden in intensiven Gesprächen über ASF und Kirche, Theologie und was alles zu ändern wäre, über Bilder, die wir den Predigthilfen beigeben wollten, über das, was unbedingt zu verlernen wäre. Die Rubrik „Verlernen“ wurde ein fester Bestandteil in den Publikationen von ASF. Antijüdische Bilder und Redewendungen wurden bearbeitet: vom Saulus zum Paulus, alt-testamentarisch – alttestamentlich, Opferung Isaaks.
Helmut Ruppel hatte eine außergewöhnlich klare, sensible und das Dunkel nicht scheuende poetische Sprache. Seine jahrzehntelange Rundfunktätigkeit hat diese Stimme geprägt. Sein Abendsegen zum 27. Januar 2025, im RBB von ihm selbst eingesprochen, zeigt das: „Morgen ist der 27. Januar, der Schoah-Gedenktag – kein leichter Wochenanfang. Der deutsche Versuch, das jüdische Volk umzubringen – dafür fehlt die Sprache. Deshalb spreche ich von Musik und Yehudi Menuhin“ und „Wenn jemand spricht, wird es heller“. Wir sind dankbar, ihn so oft gehört zu haben und werden ihn in unseren Erinnerungen weiter hören.
Helmut Ruppels Radioandachten bei Kirche im rbb
Jutta Weduwen ist Geschäftsführerin der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e. V.
Christian Staffa ist Studienleiter an der Evangelischen Akademie zu Berlin und Antisemitismusbeauftragter der EKD sowie ehemaliger ASF-Geschäftsführer.
