Nach G20-Demonstrationen in Hamburg: Weitere Angeklagte vor Gericht

Vor dem Großen Strafkammer 12 am Hamburger Landgericht müssen sich ab Donnerstag (18. Januar, 9.30 Uhr) sechs Angeklagte verantworten, die 2017 an Protesten im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel in der Hansestadt teilgenommen haben sollen. Ihnen werden gemeinschaftlicher schwerer Landfriedensbruch in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall, versuchte gefährliche Körperverletzung, die Bildung bewaffneter Gruppen und Sachbeschädigung zur Last gelegt, wie die Pressestelle der Staatsanwaltschaften mitteilte (Az.: 7120 Js 22/17 (612 KLs 17/19)). Die Initiative „Demonstrationsrecht verteidigen!“ kündigte am Dienstag Protest-Kundgebungen für jeden der angesetzten 25 Prozesstage vor dem Landgericht an.

Den sechs Angeklagten wird laut Pressestelle der Staatsanwaltschaften vorgeworfen, an einem Aufmarsch teilgenommen zu haben, mit dem Ziel, Polizeikräfte zu provozieren und zu binden. Die Angeklagten sollen mit dem Vorsatz gehandelt haben, die Beamten auch gewaltsam attackieren zu können. Zusammen mit 150 bis 200 Personen sollen sie eine schwarz gekleidete, vermummte Gruppe gebildet haben. Die Gruppe soll Steine, pyrotechnische Gegenständen und gefährliche Werkzeugen bei sich gehabt haben.

Vom Volkspark aus soll die Gruppe in Richtung Innenstadt marschiert sein. In der Schnackenburgallee seien gewaltbereite Teilnehmer mehrfach ausgeschert, dabei sollen sie Gesteinsbrocken von einer Baustelle auf die Straße geworfen und zerkleinert haben. Gruppenteilnehmer sollen eine Polizei-Hundertschaft mit Steinen und pyrotechnischen Gegenständen attackiert haben, zu Treffern sei es nicht gekommen.

Als die Gruppe in den Straßenzug Rondenbarg einbog, sollen weitere Polizeibeamte massiv mit Steinen und Pyrotechnik angegriffen worden sein, ohne dass jemand von ihnen verletzt wurde. An zwei am Rondenbarg geparkten Privatfahrzeugen soll Sachschaden in Höhe von rund 2.500 bzw. 1.000 Euro entstanden sein.

Laut der Initiative werden den Angeklagten „keine individuell begangenen Straftaten, sondern die bloße Anwesenheit bei einer G20-kritischen Demonstration“ vorgeworfen. Diese sei „in der Straße Rondenbarg von einer Sondereinheit der Polizei eingekesselt und aufgelöst“ worden.

Die Initiative wirft der Staatsanwaltschaft vor, sich auf ein juristisches Konstrukt aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) gegen Fußball-Hooligans zu stützen. Dieses solle nun erstmals auf Demonstrationen angewendet werden, dabei schließe der BGH selbst eine Übertragung auf Demonstrationen in seinem Urteil aus. Die bloße Anwesenheit solle dem Konstrukt zufolge ausreichen, um Demonstrierende mit mehrjähriger Haft zu bestrafen.

Die Protest-Kundgebungen starten jeweils eine Stunde vor Verhandlungsbeginn, am 18. Januar bereits um 8 Uhr. Für Sonnabend (20. Januar, 16 Uhr) plant die Initiative eine Solidaritäts-Demonstration am Jungfernstieg.

Vor dem Hamburger Landgericht ist bereits in der Vergangenheit gegen mehrere sogenannte Rondenbarg-Angeklagte verhandelt worden.