Trotz einer ausführlichen Beweisaufnahme hatte sich ein Münchner Gericht außerstande gesehen, den Vergewaltigungsvorwurf gegen einen Pfarrer zu klären. So kam der Angeklagte frei. Der Staatsanwalt ist unzufrieden.
Die Staatsanwaltschaft München will den Freispruch für einen 69-jährigen Pfarrer aus der Erzdiözese München und Freising, der wegen Vergewaltigung angeklagt worden war, nicht hinnehmen. Sie hat daher gegen das am vergangenen Mittwoch am Amtsgericht München ergangene Urteil Rechtsmittel eingelegt, wie ein Sprecher des Gerichts am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bestätigte. Eine nähere Bestimmung und Rechtfertigung sei noch nicht erfolgt. Die Strafprozessordnung biete jedoch die Möglichkeit, zunächst die schriftliche Begründung des Urteils abzuwarten.
Trotz einer langen, ausführlichen Beweisaufnahme mit rund 20 Zeugen zweifelte das Gericht nach eigenen Angaben am Ende daran, dass sich der Sachverhalt im Wesentlichen so zugetragen hat, wie er in der Anklageschrift steht. “Irgendetwas muss vorgefallen sein”, sagte der Richter. Was genau das gewesen sei, “das lässt sich nicht wirklich feststellen”. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen wegen aus ihrer Sicht erwiesenen Tatvorwurfs für den Angeklagten drei Jahre und neun Monate Haft ohne Bewährung gefordert.
Der ursprünglich aus Bosnien-Herzegowina stammenden Priester war beschuldigt worden, zwischen August 2018 und März 2019 eine 18-Jährige in der Wohnküche seines Pfarrhauses in einem oberbayerischen Dorf nordwestlich von München vergewaltigt zu haben. Die junge Frau habe den Seelsorger mit ihrer Mutter wegen eines Trauerfalls und weiterer Probleme in der Familie aufgesucht. Als die Mutter mit der Haushälterin des Pfarrers, die zugleich seine leibliche Schwester ist, den Raum verlassen habe, soll der Geistliche die Gelegenheit genutzt haben, die 18-Jährige unsittlich zu berühren, und mit Fingern in sie eingedrungen sein, lautete der Vorwurf.
Der gesundheitlich angeschlagene Priester, der mittlerweile im Ruhestand ist, hatte den Prozess die ganze Zeit schweigend vom Rollstuhl aus verfolgt. Erst, als ihm der Richter das letzte Wort gab, versicherte er seine Unschuld. Er habe noch nie so viele Lügen hören müssen. Wörtlich sagte der Geistliche: “Man vernichtet mich. Man macht die Kirche kaputt, nicht nur in Deutschland, sondern überall.”