Mit einer Gedenkstunde hat der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern am Dienstag (23. Januar, 18 Uhr) an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Die Gedenkrede bei der Veranstaltung im Plenarsaal des Schweriner Schlosses hat Romani Rose gehalten. Rose ist Vorsitzender des Zentralrates der Sinti und Roma.
Rose erinnerte daran, dass Sinti und Roma seit 600 Jahren in Deutschland beheimatet sind. Die heute hier lebenden 70.000 deutschen Sinti und Roma seien eine nationale Minderheit und Bürger dieses Staates. In ihren Familien verwendeten sie neben Deutsch als zweite Muttersprache ihre eigene Minderheitensprache Romanes. „Wir wollen aufzeigen, dass die Lebenswirklichkeit unserer Minderheit grundsätzlich von den antiziganistischen Klischees
unterschieden werden muss, die seit Jahrhunderten im kollektiven Bewusstsein der Mehrheitsgesellschaft verwurzelt sind und die auch die Nazi-Propaganda gezielt verbreitet hat.“
Um die Demokratie zu schützen, sei es die Verpflichtung der demokratischen Parteien, zu zeigen, dass sie die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen. Die demokratischen Parteien und die Regierungen müssten Lösungen für die großen Probleme der Zeit vorweisen. Die Kapazitäten für die Aufnahme von Geflüchteten und Migranten seien in Deutschland begrenzt und viele Kommunen seien bereits heute überfordert, so Rose.
„Das eigentliche Problem aber sind die Fluchtursachen, denen die Politik wirksam entgegentreten muss. Eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik ist eine gemeinsame europäische Aufgabe. Denn niemand verlässt seine Heimat freiwillig“, sagte der Zentralratsvorsitzende. Jedoch wolle er die Verantwortung für die Demokratie nicht nur der Politik überlassen: „Wir alle haben die Aufgabe, aktiv zu werden und uns für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einzubringen. Wir dürfen dem Treiben der Nationalisten nicht passiv zuschauen, sondern wir müssen aus der Erfahrung unserer Geschichte Demokratie und Rechtsstaat jeden Tag aufs Neue verteidigen.“
Rose: „Und wir brauchen ein großes zivilgesellschaftliches Engagement, damit unsere Demokratie nicht durch Hetze und Hass außer Kraft gesetzt wird. Demokratie und Rechtsstaat sind das Fundament unserer Werteordnung in Deutschland und Europa, und sie sichern seit 80 Jahren unseren inneren und äußeren Frieden. Sie sind gewachsen aus den Ruinen Deutschlands nach den Menschheitsverbrechen der Nationalsozialisten, an die wir heute erinnern.“
Nationalisten und Rechtsextremisten diffamierten diese Erinnerung als Schuldübertragung. „Ich sage Ihnen: Das Gedenken und Erinnern heute und in Zukunft hat nichts mit Schuldübertragung auf heutige Generationen zu tun. Erinnerung ist Verantwortung für unseren demokratischen Rechtsstaat und unser aller Zukunft.“ Die Bürgerrechtsbewegung der deutschen Sinti und Roma habe sich dabei nie nur als Anwalt einer Minderheit verstanden, sondern immer auch als Verteidiger des demokratischen Rechtsstaates gesehen. „Denn Minderheiten haben keine Sonderrechte, sondern wir fordern lediglich die gleichen Rechte“, so Rose.
Am 27. Januar 1945 hatten sowjetische Soldaten das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau befreit. Seit 1996 begeht Deutschland den 27. Januar als „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“.