Museum Brandhorst zeigt Andy Warhol und Keith Haring

Sie waren Popstars, charismatische Netzwerker und Selbstvermarktungsprofis: Andy Warhol und Keith Haring. In München ist nun eine Schau zu sehen, die erstmals die Pop-Art-Künstler gemeinsam unter die Lupe nimmt.

Die Sorgen vergessen, das Leben leicht nehmen: Wer sich angesichts von Dauerkrisen danach sehnt, hat dazu nun sieben Monate lang in München die Gelegenheit, eine Auszeit zu nehmen. Denn das Museum Brandhorst beamt einen mit seiner Schau “Party of Life” zurück in die 1980er Jahre. Vom 28. Juni 2024 bis 26. Januar 2025 lebt die Zeit von MTV, Discos, Hip-Hop, New Wave und Graffiti wieder auf.

Vor allem in den Clubs von New York wurde damals ausschweifend gefeiert – und mittendrin die Stars der Pop-Art: Andy Warhol (1928-1987) und Keith Haring (1958-1990). Erstmals ist den beiden nun eine gemeinsame Ausstellung gewidmet, die zu 50 Prozent aus der Sammlung des Hauses bestritten wird. Dazu kommen viele internationale Leihgaben.

30 Jahre betrug der Altersunterschied zwischen den Künstlern, die sich in den 1980er Jahren kennenlernten. Für Haring war der ältere Warhol eine Art “Role Model”, wie der Direktor des Museums, Achim Hochdörfer, erläutert. Denn dieser habe den Weg aufgezeigt, wie sich Kunst öffnen lasse, um sie auf die Straße zu holen und in die Kanäle der Medienwelt einzuspeisen. Warhol wiederum habe wie ein Vampir die Kreativität des jüngeren Freundes in sich aufgesaugt.

Wer die Stufen in den “Party-Keller” der Kunst hinuntergeht, ist gleich umgeben von der Vielfalt ihrer Werke. Da steht jener BMW, den Warhol 1979 für die deutsche Autofirma in der Reihe “Art Car” bemalte. Da hängt eine Reihe von T-Shirts, eines mit Harings Porträt, die anderen zieren seine stilisierten, comicartigen Strichmännlein. Harings Figuren und Warhols Siebdrucke, gern von Berühmtheiten, revolutionierten die etablierten Vorstellungen von Kunst. Ausgestattet mit einer enormen zeichnerischen Virtuosität hatten sie laut Hochdörfer ein Gespür für ästhetische Wirkungen, die sofort für alle verständlich sind.

Die Künstler entwickelten einen unverwechselbaren Style, der sich auf alles – vom Plattencover bis zu Alltagsgegenständen – abbilden ließ. Haring wurde gar zum Vermarkter seiner selbst. Er hinterließ Tausende “Subway Drawings” im öffentlichen Raum der New Yorker U-Bahn, setzte seine Kunst in Plakatkampagnen ein und eröffnete 1986 mit Hilfe von Warhol den “Pop Shop” in Manhattan, wo er von ihm selbst und anderen Künstlern entworfene T-Shirts, Buttons und Poster verkaufte.

Beide Künstler kamen aus Pennsylvania und hatten einen christlichen Background. Warhol war als Sohn einer rusinischen Familie mit dem griechisch-katholischen Glauben aufgewachsen. Erst in späteren Werkserien zeigten sich sein komplexes Verhältnis zur Religion und seine Auseinandersetzung mit der Kommerzialisierung des Glaubens. Gelbe Kreuze vor schwarzem Hintergrund (1981/82) entstehen, aber auch der in Werbeschrift gehaltene Druck mit dem evangelikalen Slogan “Repent and sin no more!” (“Bereuet und sündiget nicht mehr!”).

Die berühmte Darstellung des Letzten Abendmahls von Leonardo da Vinci hat Warhol mehrmals aufgegriffen. Einer der Siebdrucke von 1986 zeigt die Szene in Schwarz-Weiß. Gleich neben Jesus prangt übergroß das farbige Logo der US-Food-Firma “Wise”, bekannt unter anderem für ihre Kartoffelchips und Nachos.

Haring wiederum klagte, als Kind mit christlicher Ideologie “bombardiert” worden zu sein. Sonntags hatte er zur Kirche und auch zur Sonntagsschule gemusst, jeden Sommer zudem in ein “church camp” der Protestanten. Der Künstler lehnte später jeden christlichen Fundamentalismus ab und kritisierte die Instrumentalisierung der Aids-Epidemie, um in der Gesellschaft Angst zu schüren. Als junge homosexuelle Männer waren die beiden Künstler, wenn auch zeitversetzt, bewusst nach New York gegangen, wo sie ihre Sexualität leben konnten.

Obwohl inzwischen 40 Jahre vergangen sind, erweist sich die Kunst Harings und Warhols noch immer als aktuell. Die Auseinandersetzungen mit der exzessiven Konsumkultur, den Möglichkeiten der neuen Medien, mit Queerness, Gentrifizierung, Atomkriegsängsten und Aktivismus sowie dem Streben nach Gemeinschaft sind weiter Themen der Gegenwart. Die “Party of Life” hatte aber auch eine Schattenseite. Vor dem Hintergrund der Aids-Epidemie beschäftigten sich die Künstler verstärkt mit dem Tod: “Apocalypse” (1988) heißt das mehrteilige Werk von Haring und dem Autor William S. Burroughs, das als Neuzugang der Sammlung Brandhorst nun zum ersten Mal im Museum zu sehen ist.