Mulmiges Gefühl

In Christoph Heins Roman „Guldenburg“ geht es um Flüchtlinge, die haltlos einer Brandstiftung verdächtigt werden. Ein sattsam bekanntes Problem.

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Zwölf noch minderjährige männliche Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan, untergebracht in einem ehemaligen Seglerheim, fünf Frauen, die sich ihrer annehmen, ein mutiger Bürgermeister und ein Priester mit einer Haushälterin, die für seine „Erdung“ sorgt – da sind schon die wichtigsten Zutaten für eine Geschichte zusammen. Wenn dann noch dem Bürgermeister gesagt wird: „Die Bürger wollen das anders als du, Konstantin, und die in Berlin“, könnte es sich um ein kritisch gemeintes Fernsehspiel handeln. Doch Christoph Heins neuer Roman „Guldenburg“ ist alles andere als eine telegene Kolportage. Zwar ist der Ort Bad Guldenberg fiktiv, aber nichts von dem, was hier auf einem kurzen Zeitraum passiert, wirkt einfach nur ausgedacht.

Sattsam bekannt sind dem Publikum inzwischen die Nachrichten von Konflikten in überschaubaren urbanen Gemeinschaften, die vordergründig dadurch entstehen, dass Fremde hierhin verbracht werden, im Hintergrund aber von bereits existierenden sozialen Spannungen verursacht werden.

Gefährliche Auseinandersetzung

Mit knappen und meist dialogisch vermittelten Informationen über die Vorgeschichten etwa des notorischen Querulanten, des ideenreichen, aber schließlich gebeutelten Unternehmers, der minderjährigen Schwangeren, wie der Oma, die in ihrer unerschrockenen Art zur emotionalen Stütze für die Urenkelin werden kann, führt Hein an die Menschen heran, die hier agieren, zu agieren versuchen und über deren Erfolg oder Misserfolg oft an anderer Stelle entschieden wird.

Die Flüchtlinge, inzwischen volljährig, können schließlich Guldenberg verlassen, nachdem es zu einer haltlosen Verdächtigung, zu einer Brandstiftung und zu einer gefährlichen Auseinandersetzung zwischen den jungen Männern gekommen ist. Auch einige ihrer Betreuerinnen werden die Stadt verlassen, und den Leser beschleicht am Ende das mulmige Gefühl, dass sich der Kurort treu bleiben will, solange er kann.

Christoph Hein: Guldenberg.
Suhrkamp 2021, 284 Seiten, 23 Euro.

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