Münsteraner Kirchenhistoriker Wolf wird 65 Jahre alt
Er forscht seit 40 Jahren in Archiven des Vatikan und hat dabei so manche historische Perle gefunden. Hubert Wolf zeigt, dass Kirchengeschichte alles andere als langweilig ist. Jetzt wird der Priester und Historiker 65.
Hubert Wolf, katholischer Kirchenhistoriker und langjähriger Experte für vatikanische Archive, wird am Dienstag 65 Jahre alt. Der aus Wört in Oberschwaben stammende Wissenschaftler und Priester bleibt weiterhin als Professor im Dienst. Die Universität Münster hat seine Dienstzeit bis Februar 2029 verlängert.
Wolf ist insbesondere als Experte für Papst Pius XII. öffentlich bekannt geworden. Eugenio Pacelli war von 1917 bis 1929 Vertreter des Vatikans im Deutschen Reich und von 1939 bis zu seinem Tod 1958 katholisches Kirchenoberhaupt. Ihm wird vorgeworfen, zum Holocaust geschwiegen zu haben.
Während der Arbeit an den im Jahr 2020 freigegebenen Akten zu diesem Pontifikat entdeckten Wolf und seine Mitarbeiter tausende von Bittschreiben verfolgter Juden aus ganz Europa an den Papst. Wolf entschied daraufhin, das Projekt einer Biografie zu Pius XII. zurückzustellen und die Bittschreiben und den Umgang des Vatikan mit diesen Briefen wissenschaftlich aufzuarbeiten. Daraus soll ebenfalls ein Buch entstehen.
Der Münsteraner Kirchenhistoriker hat sich immer wieder auch mit Büchern und wissenschaftlichen Argumenten zur Reformdebatte in der katholischen Kirche zu Wort gemeldet. In seinem Buch über den Zölibat machte er deutlich, dass die katholische Kirche über viele Jahrhunderte verheiratete Priester kannte. Als verhängnisvoll wertete er die Rolle von Papst Pius IX., der die katholische Kirche im 19. Jahrhundert in eine Frontstellung gegen die moderne Gesellschaft gebracht und dem Papstamt mit dem Unfehlbarkeitsdogma eine nie zuvor gekannte Machtfülle verschafft habe.
Große öffentliche Aufmerksamkeit und wissenschaftliche Auszeichnungen erhielt der Historiker auch für seine Forschungen zur päpstlichen Inquisition und zum Index verbotener Bücher, mit dem das Papsttum von 1559 bis 1966 versuchte, Wissenschaft und Literatur zu kontrollieren.
Wolf hat bedeutende wissenschaftliche Auszeichnungen erhalten, darunter 2003 den mit 1,55 Millionen Euro dotierten Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft und 2004 den Communicator-Wissenschaftspreis des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft.
Wolf studierte Theologie in Tübingen und München. 1985 wurde er zum Priester in der Diözese Rottenburg-Stuttgart geweiht. 1992 wurde er Professor in Frankfurt, seit 2000 lehrt er Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Uni Münster.