Mitmenschlichkeit ohne Obergrenze

Die Lübecker St.-Marien-Kirche startet mit der Ausstellung „Mitgefühl/Mit Gefühl“ zugleich eine Benefiz-Kulturwoche. Davon sollen afghanische Frauen und Kinder profitieren.

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Lübeck. „Mitmenschlichkeit hat keine Obergrenze“, sagt Stefan Schmidt, Beauftragter für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen beim Schleswig-Holsteinischen Landtag. Er greift damit bewusst auf eine Aussage von Innenminister Horst Seehofer zurück, der im Zusammenhang mit den Flüchtlingsbewegungen 2015 und 2016 eine Obergrenze für die Zuwanderung gefordert hatte. Schmidt gehört gemeinsam mit Robert Pfeifer, Pastor der Marien-Kirche, und dem Maler und Fotografen Noah Wunsch zu den Initiatoren einer Kulturwoche rund um das Thema „Mitgefühl“.

„Von Anfang an war wichtig, dass wir nicht irgendein Kulturhappening veranstalten, sondern eine klare Botschaft adressieren“, sagt Pfeifer. Das Benefiz-Projekt stellt sich in den Dienst des Vereins „borderline-europe – Menschenrechte ohne Grenzen“ – und unterstützt Frauen und Kinder in Afghanistan. Die Veranstaltung hat sich schnell zu einem Selbstläufer entwickelt und viele prominente Unterstützer gefunden. Bischöfin Kirsten Fehrs ist Schirmherrin.

Breites Echo erhofft

Die Ausstellung mit dem Titel „Mitgefühl / Mit Gefühl“ in der Marien-Kirche zeigt Fotografie von Benedict D’Costa, Grafik und Dokumentation von Azim Fakhri sowie Malerei von Noah Wunsch und Andranik Baghdasaryan. Der Armenier Baghdasaryan und der Afghane Fakhri sind selbst als Flüchtlinge nach Schleswig-Holstein gekommen. Heute lebt Fakhri als Streetart-Künstler und Informatiker in Hamburg.

Auch wenn die Schicksale dieser Menschen in unterschiedlichen Erregungswellen durch die Medien schwappen und viele sie nicht mehr hören könnten oder wollten, hoffen die Initiatoren auf ein breites Echo bei den Besuchern. Der Titel, der auf die Emotionen des Menschen zugreift, ist dabei bewusst gewählt. Ist Mitgefühl also der Hebel, der die Egoismen der Menschen in den Hintergrund drängt? Stefan Schmidt, der durch die Seenot-Rettung von 37 Menschen mit dem Schiff „Cap Anamur“ im Jahr 2004 bekannt geworden ist, bleibt skeptisch. Oft gelinge es nur mühsam, dass Leute über den eigenen Tellerrand schauen. Aber nur weil die politische Agenda gerade von Corona und der Bundestagswahl dominiert wird, gebe es nicht weniger Flüchtlinge. „Man lässt sie bloß nicht zu uns“, sagt Schmidt.

Die Farbe des Mitgefühls

Und welche Farbe hat Mitgefühl? Der Maler Noah Wunsch nähert sich mit künstlerischen Inspirationen. Seine Bilder erscheinen in hellem Gelb und Goldtönen, in warmem Orange, in Rot oder Grün. Wunsch will, dass sie den Betrachter ummanteln. Er sagt, er suche in allem die Liebe, die das Böse auslöscht. Auch wenn das womöglich als naiv belächelt wird, er lässt sich nicht beirren. „Das Glas ist immer halb voll bei mir, sonst halte ich das Leben nicht aus“, so der Künstler.

Info
Das gesamte Programm mit Theateraufführungen und Konzerten findet sich hier. Tickets kosten jeweils 10 Euro, ermäßigt 7 Euro, für Schüler und Flüchtlinge sind sie kostenlos. Die Ausstellung ist bis zum 17. Dezember zu sehen.