Missionsdirektor: Christen sollten offen über Glauben sprechen

In Deutschland beschäftigen sich die Kirchen zu sehr mit sich selbst, kritisiert der Leiter des Missionswerk. Als Beispiel nennt er eine afrikanische Kirche.

Margot Kessler / Pixelio

Wolfenbüttel / Hermannsburg. Christen in Deutschland sollten nach Ansicht des niedersächsischen Missionsdirektors Michael Thiel offensiver über ihren Glauben sprechen. Vielen Menschen reiche es offenbar aus, Mitglied einer Kirche zu sein, sagte Thiel in der neuen Ausgabe des Magazins "Evangelische Perspektiven" der braunschweigischen Landeskirche. "Wir fragen kaum, was diese Mitgliedschaft bedeutet und welcher Auftrag damit verbunden ist." Der 59-Jährige leitet seit 2014 das Evangelisch-lutherische Missionswerk in Niedersachsen mit Sitz in Hermannsburg.
In Afrika sei dieses offene Glaubenszeugnis besonders ausgeprägt, sagte Thiel. Die Mekane-Jesus-Kirche in Äthiopien sei derzeit dabei, die größte lutherische Kirche der Welt zu werden. In überschaubarer Zeit soll sie von derzeit sieben auf 30 Millionen Mitglieder wachsen. Alle Gemeindemitglieder hätten den Auftrag, jedes Jahr zwei Menschen anzusprechen und sie in die Kirche einzuladen. Falls es Interessenten gebe, stünden besonders geschulte Mitarbeiter zur Verfügung.

Für den Glauben einstehen

In Deutschland beschäftigten sich die Kirchen zu sehr mit sich selbst, kritisierte der Missionsdirektor. "Unsere Aufmerksamkeit gilt vor allem der Frage, wie wir uns in Zukunft finanzieren oder wie wir unsere Organisationsstrukturen verändern." Dies binde viel Kraft. Die Aufmerksamkeit müsse sich aber vielmehr darauf richten, wie die Kirchen in Kontakt mit Nichtmitgliedern oder dem Glauben fernstehenden Menschen kommen könne.
Christen seien dazu aufgerufen, für den Glauben einzustehen, betonte Thiel. Dies dürfe nicht bedeuten, dass sie dem anderen etwas voraushätten. "Mission ohne Toleranz führt in die Irre." 
Das 1849 gegründete Missionswerk ist mit 23 Kirchen in 19 Ländern verbunden. In Indien arbeitet es mit drei Partnerkirchen und vier theologischen Seminaren zusammen. Es entsendet etwa Theologen oder Entwicklungsfachkräfte und unterstützt Projekte auch finanziell. Zugleich bringt es Theologen aus den Partnerkirchen und damit christliche Impulse aus Afrika, Asien oder Lateinamerika nach Niedersachsen. (epd)