Missbrauchsbeauftragte zu Fall Dillinger: Klarere Regeln nötig

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Claus fordert nach Veröffentlichung des Berichts zum Fall Dillinger Konsequenzen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass wertvolles Aktenmaterial vernichtet worden sei.

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, hat mit Blick auf den Fall Dillinger klarere und einheitliche Regeln für eine Aufarbeitung gefordert. Das gelte besonders für den Umgang mit Akten- und Beweismaterial, sagte Claus am Dienstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es sei nicht nachvollziehbar, dass in dem Fall wertvolles Material vernichtet worden sei. Das dürfe sich nicht wiederholen.

Laut einem am Dienstag vorgestellten Bericht von Sonderermittlern hat Dillinger mindestens 19 Personen sexuell missbraucht. Die Missbrauchstaten in “verschiedenen Schweregraden” habe er in der Zeit von 1961 bis 2018 begangen. Der Neffe Dillingers hatte nach dessen Tod mehrere tausend Fotos sowie Kalender und Akten gefunden, die Hinweise auf Missbrauch an Kindern und Jugendlichen durch den Priester enthielten. Zahlreiche Unterlagen wurden auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Saarbrücken vernichtet.

Claus erklärte, für Betroffene könnten Bilder wichtige Beweismittel sein, wenn es im Rahmen der kirchlichen Anerkennungsverfahren um finanzielle Leistungen gehe oder aber ein Antrag auf Opferentschädigung gestellt werde. Das Bistum Trier müsse auch über den Bericht hinaus alle weiteren Möglichkeiten einer Aufarbeitung nutzen. Nur dann könnten ähnliche Taten auch in Zukunft verhindert werden.

Der Sprecher des Betroffenenvereins Eckiger Tisch, Matthias Katsch, bezeichnete den Fall als “erschütterndes Dokument einer Verantwortungslosigkeit”. Vorgesetzte hätten über Jahrzehnte die Verbrechen des Mannes vertuscht, so Katsch auf Anfrage. Der Fall sei auch ein erneuter Beleg dafür, dass eine Aufarbeitung, die auf anonymisierten Auswertungen basiere, ihr Ziel verfehle. Ohne den Mut des Neffen von Dillinger, den Fall öffentlich zu machen, wäre es nicht zu dieser Aufarbeitung gekommen. Auch er plädierte für eine “wirkliche Aufarbeitung, die konkret wird”.

Zugleich forderte Katsch, dass der Staat mehr Verantwortung für die Aufarbeitung übernimmt. Dies schulde er auch den Betroffenen. Erneut warb Katsch für eine Wahrheitskommission, “bei der die Dinge auf den Tisch kommen”. Ein “Weiter so” mit einer Aufarbeitung, die tröpfchenweise erfolge und bei der Zufälle sowie die Initiativen einzelner eine große Rolle spielten, sei nicht hinnehmbar.