Migrationsexperte: EU-Asylreform ist „Steilvorlage für die Rechten“

Südliche EU-Staaten wie Griechenland und Italien könnten die neuen Asylregeln brechen, fürchtet Migrationsexperte Bernd Kasparek. Und davon würde vor allem eine Gruppierung profitieren.

Bernd Kasparek kritisiert die Asylreform der EU
Bernd Kasparek kritisiert die Asylreform der EUImago / Future Image

Nach der Einigung der EU auf eine Reform der europäischen Asylpolitik warnt der Migrationsexperte Bernd Kasparek vor den Folgen. „Dass Staaten die Regeln absehbar brechen werden und Menschen in Lagern feststecken, macht dieses System zu einer Steilvorlage für die Rechten“, sagte der Co-Leiter der Netzwerk-Abteilung des Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung an der Berliner Humboldt-Universität dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Sie werden das Scheitern zum Anlass nehmen und sagen: Europa funktioniert nicht, und die Migration ist eine Bedrohung.“

Laut den neuen Regeln der Asylreform soll jeder Schutzsuchende direkt nach der Ankunft ein Screening durchlaufen. Dafür müssen die Menschen zunächst in Zentren an der Grenze festgehalten werden. Nachdem biometrische Daten gespeichert und die Sicherheit überprüft wurde, kommen Schutzsuchende entweder in das reguläre Asylverfahren oder in Schnellverfahren zur Asylvorprüfung, die sogenannten Grenzverfahren. Auch diese sollen im Land der Ersteinreise stattfinden. „Ich gehe von einer massiven Ausweitung von Inhaftierungen in den Staaten an der Außengrenze aus“, sagte Kasparek. „Die Bedingungen für Schutzsuchende werden sich mit der Reform massiv verschlechtern.“

Asylreform: Abschiebungen sollen beschleunigt werden

Ein Grund für die Grenzverfahren ist die Überlegung, dass abgelehnte Asylbewerber schneller und direkt von der Grenze abgeschoben werden sollen. Der Migrationsexperte hält das für unrealistisch. Es könnte vielmehr zu massiven Rückstaus in den Zentren kommen, weil man die Menschen de facto nicht abschieben kann. „Die meisten Staaten sind schlichtweg nicht bereit, Personen zurückzunehmen und schon gar nicht fremde Staatsangehörige“. Das sei ein bekanntes Problem, das man auf den griechischen Inseln beobachten könne. In den dortigen Lagern würden Asylanträge von Syrerinnen und Syrern abgelehnt, weil die Türkei als sicherer Drittstaat für sie gelte. Die Türkei nehme die Menschen aber in der Regel nicht zurück. „Diese Menschen sitzen fest, können weder vor noch zurück.“

Die Asylreform sieht Screening, Grenzverfahren und Asylverfahren im Land der Ersteinreise vor. „Es gibt keinen guten Anreiz für die südlichen Staaten, bei diesem System mitzumachen. Genau deswegen kann ich mir gut vorstellen, dass Griechenland und Italien auch die neuen Regeln brechen und die Leute weiterreisen lassen“, sagt Kasparek. Damit wäre die Asylreform gescheitert.