Mexikos erste Präsidentin vor großen Herausforderungen

Erstmals steht eine Frau an der Spitze Mexikos: Claudia Sheinbaum ist die neue Präsidentin in einem der katholischsten Länder weltweit. Die Kirche gratuliert, hat aber auch klare Forderungen.

Die Ära Andres Manuel Lopez Obrador ist Geschichte: Mit Claudia Sheinbaum steht erstmals eine Frau an der Spitze Mexikos. Die Erwartungen an die Linkspolitikerin sind groß, die Herausforderungen ebenfalls. Richtig wird ihre Präsidentschaft vermutlich erst am 5. November beginnen. Dann sind die Stimmen in den USA ausgezählt, und es ist klar, ob sie es künftig mit Donald Trump oder Kamala Harris im Weißen Haus zu tun hat. Für kein Land außerhalb der USA ist die Präsidentenwahl bedeutender als für den direkten südlichen Nachbarn Mexiko.

Mexiko gehört zu den Ländern mit den meisten katholischen Gläubigen weltweit: Mehr als 90 Prozent der gut 130 Millionen Einwohner gehören der katholischen Kirche an. Dementsprechend hoch ist ihr Einfluss. Mexikanische Kirchenvertreter äußern sich deutlich. Der scheidende Präsident Lopez Obrador habe es bei seinem Amtsantritt mit einem Land “in schwierigen, ernsten Verhältnissen” zu tun gehabt, sagte Kardinal Jose Francisco Robles Ortega, Erzbischof von Guadalajara, dem Portal “Informador” in dieser Woche. Die Menschen hätten große Hoffnung in ihn gesetzt. “Aber ich habe den Eindruck, dass er ein schlimmeres Land hinterlässt, als er es vorgefunden hat.” Robles gehört zu jenen Kirchenvertretern, die vor allem die Sicherheitspolitik Obradors kritisieren.

Angetreten war Lopez Obrador, um Kriminalität und Gewalt einzudämmen. Stattdessen gab es während seiner Amtszeit einen Negativ-Rekord: Mehr als 170.000 Gewalttote wurden in den sechs Jahren seit 2018 verzeichnet. Auch die Schaffung einer Nationalgarde hat die Lage nicht beruhigt. Die Macht der Drogenkartelle ist weiter gewachsen.

In der Diözese Mazatlan, wo der Drogenkrieg besonders heftig tobt, fordert Ortsbischof Mario Espinosa Contreras eine Politik von Offenheit und gegenseitigem Respekt. Die neue Regierung müsse den bisherigen Kurs korrigieren, andernfalls “werden wir als Land zugrunde gehen”, zeichnet er ein düsteres Bild.

Unterdessen schickt die Mexikanische Bischofskonferenz versöhnliche Worte an die neue Präsidentin. Sheinbaum werde “es verstehen, mit großer Sensibilität und Respekt alles zu fördern, was dem Wohl und der sozialen Entwicklung aller Bürger dient”. Es folgt eine Art Forderungskatalog für die kommenden sechs Jahre: Nötig seien Maßnahmen, um die Sicherheit der Bürger zu garantieren, Armut und Ungleichheit zu überwinden, nationale Einheit und Harmonie zu fördern sowie den sozialen Frieden zu sichern. Es dürfe “nie wieder eine Vorherrschaft des organisierten Verbrechens oder der Kriminalität im Allgemeinen” geben, heißt es in dem Schreiben weiter. Mexiko sei dazu aufgerufen, zu einem echten demokratischen Rechtsstaat zurückzukehren.

Schon während des Wahlkampfes hatte die katholische Kirche in Mexiko allen Kandidaten um das Präsidentenamt eine Art Pakt angeboten, in dem Dutzende Vorschläge für eine Verbesserung der Lage enthalten waren. Favoritin Sheinbaum ging auf Distanz: “Ich teile die pessimistische Einschätzung der aktuellen Situation nicht” – unterschrieb aber dennoch.

In dem Strategiepapier hieß es unter anderem: “Wir haben es mit einem zersplitterten Sicherheitssystem zu tun, das nicht in der Lage ist, auf die kriminellen Machenschaften zu reagieren, die heute viele Teile des Landes kontrollieren.” Vorgeschlagen wurden unter anderem die Stärkung der kommunalen Polizeikräfte, eine tiefgreifende Reform des Strafvollzugs und Präventionsprogramme, die verhindern sollen, dass Jugendliche mit kriminellen Gruppen in Kontakt kommen.