Aufbruch, Zuversicht, Tatkraft: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat bei der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit für mutige Veränderungen und eine „neue Einheit“ in Deutschland geworben. „Lassen wir uns nicht von Ängsten lähmen“, sagte er am Freitag beim Festakt in der Saarbrücker Congresshalle. „Erinnern wir uns auch an die Zuversicht, mit der unsere ostdeutschen Landsleute vor 35 Jahren ihren Aufbruch wagten.“ Ein positiver Geist könne viel Kraft freisetzen, Pessimismus und Larmoyanz vergeudeten hingegen Energie. „Dafür haben wir keine Zeit“, betonte Merz.
Es gelte, aufzubauen, Neues zu wagen und Überkommenes hinter sich zu lassen. „Dann werden wir erleben, dass dieser gemeinsame Aufbruch eine neue Einheit stiftet und wir Spaltungen überwinden können“, unterstrich der Bundeskanzler. Eine Nation wachse aus der gemeinsamen Bewältigung von Herausforderungen.
Merz sieht Deutschland in einer „wichtigen, vielleicht entscheidenden Phase“ seiner neueren Geschichte. Allianzen autokratischer Staaten stellten die liberale internationale Ordnung infrage und forderten die westlichen Demokratien und deren freiheitliche Lebensweise offen heraus. „Jahrelange irreguläre, ungesteuerte Migration“ habe Deutschland polarisiert und neue Gräben in der Gesellschaft aufgerissen. Vieles müsse sich daher ändern, „wenn Vieles so gut bleiben oder gar besser werden soll, wie es in unserem Land bisher ist“.
Deutschland brauche auch wieder mehr wirtschaftliche Stärke, und dafür seien Europa- und Außenpolitik wichtig, betonte der CDU-Chef. „Wir müssen uns einem neuen Protektionismus in der Welt mit neuen Handelsregeln und der Erschließung neuer Märkte entgegenstellen.“ Europa müsse sich wieder auf seine wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit konzentrieren. „Wir in Deutschland wissen: Wenn es Europa gut geht, geht es auch Deutschland gut.“ Und wenn es Europa nicht gut gehe, dann gehe es Deutschland „überdurchschnittlich schlecht“.
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron mahnte, Europa müsse sich und seine Werte stärker verteidigen. Der Kontinent müsse innovativer werden und seine eigenen Industriezweige schützen. Sonst seien die Europäer irgendwann nur noch „wunderbare Konsumenten“ der Produkte anderer. Europa brauche die Entschlossenheit derjenigen, die in der DDR aufgestanden seien und die Mauer eingerissen hätten, unterstrich der französische Präsident. Nach rund 20 Jahren war mit Macron erstmals wieder ein ausländischer Staatsgast beim Tag der Deutschen Einheit.
Die Bundesratspräsidentin und saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) rief dazu auf, den Wandel in der Welt gemeinsam zu gestalten – passend zum saarländischen Motto zur deutschen Einheit, „Zukunft durch Wandel“. „Die Transformation in der Lausitz ist kaum anders als in Völklingen“, sagte sie. Die Einheit sei nicht nur eine „innerdeutsche Angleichungsaufgabe“.
Die zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit fanden in diesem Jahr in Saarbrücken statt, weil das Saarland die Bundesratspräsidentschaft innehat. Vor dem Festakt ging es in einem ökumenischen Gottesdienst in der Saarbrücker Ludwigskirche unter anderem um Gemeinsinn und den Mut zur Veränderung. Zum Programm gehört auch ein dreitägiges Bürgerfest, zu dem bis Samstag mehrere Hunderttausend Menschen erwartet werden. Im kommenden Jahr ist Bremen für die Feier zur deutschen Einheit verantwortlich.