Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihre Corona-Politik ausgezeichnet. Die 71-Jährige erhielt in Stuttgart die Staufermedaille in Gold “für ihren herausragenden politischen Einsatz während der Corona-Pandemie“. Die Staufermedaille ist eine besondere persönliche Auszeichnung des Ministerpräsidenten für Verdienste um die Bevölkerung Baden-Württembergs.
“Diese Auszeichnung ist eine Anerkennung für Ihre außerordentlichen Leistungen während dieser Zeit. Nämlich nach bestem Wissen und Gewissen Schaden vom Volk abzuwenden”, sagte Kretschmann. Merkel habe mit ihrer “besonnenen Entscheidungsfreude” gezeigt, was Führung in der Demokratie bedeute und erfordere. “Klare Kommunikation, Detailkenntnis, Führungsstärke und Vertrauen – damit führten Sie unser Land gut durch die Krise”, so der Ministerpräsident. “Sie haben als Naturwissenschaftlerin gedacht und als politisch Verantwortliche gehandelt.”
Kretschmann: “Die medizinische Katastrophe blieb aus”
Zwar seien fast 190.000 Menschen in Deutschland an oder mit Corona gestorben, sagte Kretschmann. “Und Hunderttausende litten oder leiden bis heute an Long Covid.” Durch das Handeln Merkels hätten aber noch deutlich höhere Zahlen verhindert werden können. “Die medizinische Katastrophe, die zwischenzeitlich drohte – sie blieb aus.” Deutschland sei “alles in allem besser durch die Krise gekommen als die meisten anderen Länder”.
Merkel sagte in ihrer Dankesrede, die Corona-Pandemie habe “nicht nur unsere Gesellschaft, sondern die Welt verändert”. Das werde bis heute unterschätzt. “Wir konnten diese große Herausforderung relativ gut bewältigen”, sagte die frühere Kanzlerin. Von den Bürgern massive Kontaktbeschränkungen zu verlangen, um die exponentielle Ausbreitung des Virus zu stoppen, sei notwendig gewesen, habe aber gegen die menschliche Natur verstoßen. “Wir haben von den Menschen verlangt, sich nicht-menschlich zu verhalten”, sagte Merkel. Die Auszeichnung nehme sie “auch stellvertretend für das an, was Millionen Menschen in dieser Zeit geleistet haben”.
Merkel: Fehlersuche “nicht mit dem Schaum vorm Mund”
Merkel mahnte dazu, bei der Corona-Aufarbeitung “nicht mit dem Schaum vorm Mund” nur Fehler finden zu wollen. “Man muss auch fragen: Was wäre gewesen, wenn wir die Maßnahmen nicht ergriffen hätten?” Auch Kretschmann beklagte, heute werde fast nur noch über die Nebenwirkungen der Corona-Maßnahmen diskutiert und ihr eigentliches Ziel vergessen: “der Schutz von Menschenleben”.
Die Wirkung von Lockdowns, Ausgangssperren oder Schulschließungen wird bis heute kontrovers diskutiert. Im September 2025 hatte eine vom Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie ihre Arbeit aufgenommen.
