Mendel: Verhältnis zu Israel in der deutschen Bevölkerung wackelt

„Es ist eine bittere Enttäuschung für mich“: Der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt, Meron Mendel, ist fassungslos über die Unterstützung für die Hamas unter Linken.

Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, bei einer Diskussionsrunde zum Nahostkrieg
Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, bei einer Diskussionsrunde zum NahostkriegImago / epd

Der Direktor der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, ist enttäuscht über die Unterstützung für die Hamas unter Linken. In Teilen der linken, migrantischen und kulturellen Milieus werde die Hamas als Befreiungsbewegung angesehen, sagte Mendel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es werde nicht gesehen, dass sie eine fanatische und extremistische Terrororganisation sei, die nicht die Befreiung von Palästina, sondern die Vernichtung der Juden in Israel zum Ziel habe. „Es ist eine bittere Enttäuschung für mich, dass in der internationalen, aber auch in der deutschen Linken auf einmal eine solche Unterstützung für die Hamas gezeigt wird – gerade weil ich mich im linken Teil des politischen Spektrums verorte und mich selbst als pro-palästinensisch bezeichne“, sagte Mendel.

Der 7. Oktober habe nichts mit dem Kampf der Palästinenser für Selbstbestimmung zu tun. Diese Gewaltexzesse, die Massenvergewaltigungen, die Folter, die Enthauptung von Babys und kleinen Kindern, erinnerten viel mehr an die Methoden des „Islamischen Staates“, sagte der deutsch-israelische Historiker. „Als zivilisierte Gesellschaft können wir nicht akzeptieren, dass diese Exzesse mit dem Kontext des Nahost-Konflikts erklärt oder gar entschuldigt werden.“

Juden ein verlängerter Arm des Westens?

In der postkolonialen linken Bewegung werde infrage gestellt, dass es überhaupt einen jüdischen Staat im Nahen Osten gibt. Israel werde als koloniales Projekt angesehen, Juden seien nach dieser Logik als koloniale Besatzer ein verlängerter Arm des Westens. Im identitätspolitischen Diskurs werde zwischen Weißen und Nicht-Weißen unterschieden. „In diesem einfachen Schema werden israelische Juden den Weißen zugeordnet und haben damit die Rolle der Unterdrücker, die Palästinenser sind in diesem Diskurs immer nur Opfer“, erklärte Mendel. Dadurch entstehe eine Täter-Opfer-Umkehr, und Juden werde die Schuld dafür angelastet, dass jüdische Kinder abgeschlachtet werden.

 

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In den 80er Jahren habe es aus dem rechtskonservativen bis rechtsextremistischen Lager Forderungen nach einem Schlussstrich bei der NS-Aufarbeitung gegeben. Heute stünden linke Studierende vor dem Auswärtigen Amt und riefen „Free Palestine from German Guilt“. Auch wenn die Erinnerungskultur in Deutschland eine lange Tradition habe, sei offenbar eine ganze Generation da nicht mehr mitgekommen. „Für mich wackelt nicht nur das Verhältnis zu Israel in der Bevölkerung, es wackelt die moralische Orientierung unserer Gesellschaft. Für Juden ist das keine theoretische, sondern eine existenzielle Frage“, betonte Mendel.