Mehr Angebote für junge Wohnungslose gefordert
Um die Wohnungsnot bei jungen Menschen zu lindern, müssten die Kommunen für mehr Hilfsangebote sorgen, fordert die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Denn der Bedarf steigt.
Junge Menschen stellen laut einer Studie einen hohen Anteil der wohnungslosen Menschen in Deutschland. Rund 16 Prozent der Betroffenen seien unter 25 Jahre alt, heißt es im in Berlin veröffentlichten Jahresbericht 2022 der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W). Besorgniserregend sei, dass knapp 13 Prozent der akut wohnungslosen jungen Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren die Nacht vor dem Aufsuchen einer Hilfeeinrichtung auf der Straße verbracht hätten.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft fordert vor diesem Hintergrund die Kommunen auf, mit Gesamtkonzepten eine klare Zuständigkeits- und Finanzierungsstruktur sicherzustellen. Die Vorsitzende Susanne Hahmann betonte, für den Erfolg der Hilfen seien jugendgerechte und leicht zugängliche Beratungsangebote notwendig: „Jungen Menschen kann nur dann langfristig geholfen werden, wenn die Angebote flexibel sind und auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten werden“. Auch in Bezug auf junge Menschen gelte, dass unbedingt mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden müsse. Ohne diesen könne die Wohnungslosigkeit nicht eindämmt werden.
Unter den jungen Menschen in Wohnungsnot besonders viele Frauen
Unter den jungen Menschen in Wohnungsnot finden sich laut Bericht zudem besonders viele Frauen. Jede vierte wohnungslose Klientin ist jünger als 25 Jahre. Unter den männlichen wohnungslosen Klienten, die sich an Einrichtungen und Dienste freier Träger wenden, ist jeder sechste unter 25 Jahre alt. Dem Jahresbericht zufolge suchen rund 70 Prozent der Menschen, die ihre Wohnung verloren haben, vorübergehend bei Freunden und Bekannten oder ihrer Herkunftsfamilie Unterkunft, oder leben auf der Straße.
Auch jeder zweite wohnungslose junge Mensch kommt den Angaben zufolge bei mehr oder weniger guten Freunden oder Bekannten unter. Die Fachreferentin der Bundesarbeitsgemeinschaft, Sarah Lotties, warnte, nicht selten ergäben sich dabei „gefährliche Abhängigkeitsverhältnisse, beispielsweise wenn die Unterkunft nur im Gegenzug für sexuelle Gefälligkeiten bereitgestellt wird“. Die Not dieser wohnungslosen jungen Menschen sei nicht auf den Straßen sichtbar, aber genauso schwerwiegend.
Dem Bericht zufolge stabilisierte sich der Anteil der Hilfesuchenden mit Kindern bei elf Prozent. Mit rund 39 Prozent konnte mehr als jede dritte Familie, die eine Hilfseinrichtung aufsuchte, bei Hilfebeginn keine eigene Wohnung vorweisen.
Ohne stabile Wohnverhältnisse: „Armut und soziale Ausgrenzung“
Martin Kositza von der Bundesarbeitsgemeinschaft warnte, gerade für junge Menschen sei die Situation dramatisch, da sie sich in einer entscheidenden Phase ihrer persönlichen Entwicklung befinden. Ohne stabile Wohnverhältnisse sei das Resultat „oft Armut und soziale Ausgrenzung“.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft erstellt seit 1990 ihren Jahresbericht auf der Basis von Angaben von sozialen Einrichtungen und Diensten der Wohnungslosenhilfe. Für den aktuellen Bericht wurden Daten von knapp 40.000 Klientinnen und Klienten aus 227 Einrichtungen und Diensten aus dem Jahr 2022 übermittelt. Die Arbeitsgemeinschaft schätzt die Zahl der wohnungslosen Menschen in Deutschland auf 600.000. Darunter sind 50.000 auf der Straße lebende Obdachlose.