Mehr als eine Warnung

Über unpopuläre Störenfriede schreibt Pastor Tilman Baier. Er ist Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Mecklenburgischen & Pommerschen Kirchenzeitung.

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Der Predigttext des kommenden Sonntags lautet: „Sie haben Mose und die Propheten. Mögen sie die hören!“ aus Lukas 16, 19-31

Er war sich ganz sicher: Nein, Prophet wolle er nicht werden, das mache nur Ärger, hatte der Junge im Konfirmandenunterricht erklärt. Schließlich wolle er es zu etwas bringen. Aus der Gruppe kam Zuspruch. Ja, wer will das schon? Unangenehme Wahrheiten verkünden, selbst wenn sie von Gott kommen? Propheten gelten im besten Fall als Spinner, meistens als Querulanten – oder werden gar als Umstürzler aus dem Weg geräumt. Sie stören das Machtgefüge, stören beim Geschäftemachen, stören das mild-bestätigende religiöse Hintergrundgesäusel dazu.

Dazu muss man nicht ein Amos sein, der die Ausbeutung des Volkes durch eine reiche Oberschicht anprangerte, oder ein Jesaja, der die Kriegslust der Führer verdammte. Es reichen schon die sanften, abgewogenen Erklärungen aus Rat oder Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, dass bei uns in der Redaktion Beschwerden auflaufen: Kirche solle sich um ihr Eigentliches kümmern und sich aus Politik und Wirtschaft heraushalten.

Brennende Themen

Jesus jedenfalls, so erzählt Lukas in seinem Evangelium, hatte keine Berührungsängste bei den brennenden Themen der Gesellschaft. Er konnte auf Missstände recht brutal aufmerksam machen. So wie im Gleichnis vom Reichen und dem armen Lazarus: Der Reiche hatte schlicht sein Vermögen genossen und darüber den armen Lazarus vor seiner Tür völlig vergessen. Der Reiche landet deswegen nach seinem Tod in der ewigen Verdammnis, Lazarus aber in Abrahams Schoß. Nun fleht der Reiche Abraham an, er möge Lazarus als seinen Helfer senden oder durch ihn wenigstens seine Brüder warnen, wohin solch ein Egoismus bringt. Abraham lehnt ab. Es gebe ja Propheten, die Gottes Willen unter die Leute gebracht haben und bringen.

Dieses Gleichnis enthält nicht nur eine Warnung auch für uns. Da klingt versteckt auch die Aufgabe an, diese Botschaft als heute lebende Jüngerschaft Jesu hier unter die Leute zu bringen – auch wenn diese sie nicht hören wollen. Doch wer will schon ein unpopulärer Störenfried sein?

Unser Autor
Tilman Baier ist Pastor und Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Mecklenburgischen & Pommerschen Kirchenzeitung.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Dienstag.