Mediziner: Umgang mit Schlaf oft nachlässig – Unterschätzte Ressource
Nicht einschlafen können oder ständig hochschrecken: Das passiert jedem mal. Wenn Schlafstörungen chronisch werden, steigt jedoch das Risiko für schwere Erkrankungen. Oft werden Probleme laut Fachleuten zu spät erkannt.
Den meisten Menschen ist nicht bewusst, wie wichtig Schlaf für ihre seelische und körperliche Gesundheit ist: Das beobachtet der Lungenfacharzt Georg Nilius. Dabei betreffe das Thema alle Menschen, von Säuglingen bis zu Hochbetagten, sagte Nilius am Montag bei einer Online-Pressekonferenz. Er äußerte sich als Kongresspräsident der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, die ab Donnerstag in Essen stattfindet.
Viele Menschen hätten Angst, im Alter an einer Demenz zu erkranken oder sich nicht mehr selbst versorgen zu können, fügte der Altersmediziner und Kongresspräsident Helmut Frohnhofen hinzu. “Schlaf ist ein Faktor, der genau darauf Einfluss hat”: auf die Hirnleistung sowie die sogenannte Funktionalität. Allerdings würden Patientinnen und Patienten zu Schlafstörungen selten systematisch befragt.
Sieben bis acht Prozent der Menschen hierzulande leiden laut Schätzungen an einer chronischen Insomnie, also Ein- und Durchschlafstörungen. Ältere Menschen und Frauen sind häufiger betroffen. “Das bedeutet nicht nur Leidensdruck, sondern auch einen Risikofaktor für psychische Erkrankungen”, sagte der Vorstandssprecher der Fachgesellschaft, Dieter Riemann.
Ein entscheidendes Warnsignal ist es laut Nilius, wenn Menschen ihren Schlaf als nicht-erholsam beschreiben. Von einer chronischen Störung sprechen die Fachleute, wenn die Symptome länger als drei Monate anhalten und mindestens dreimal wöchentlich auftreten. Pflanzliche Mittel und auch verschreibungspflichtige Medikamente könnten durchaus helfen, eine echte Schlafstörung müsse jedoch genauer untersucht werden.
Chronisch Betroffene bräuchten Geduld, sagte Frohnhofen, und oftmals eine jahrelange fachliche Begleitung. Ein erster Schritt auch für Allgemeinmediziner könne es sein, Patientinnen und Patienten für zwei bis drei Wochen ein Schlaf-Tagebuch führen zu lassen. “Das schärft die Aufmerksamkeit für Probleme, die man dann gezielt behandeln kann.”