Medienrechtler Cole: EU prescht mit neuem Digital-Gesetz weit vor

Der Rechts- und Medienwissenschaftler Mark Cole sieht im Digital Services Act (DSA) der EU eine wichtige Wegmarke im Kampf gegen Hassrede und Desinformation auf Online-Plattformen. „Wir preschen damit im globalen Vergleich in der Europäischen Union sehr viel weiter vor als alle anderen, die auch darüber diskutieren“, sagte der Professor der Universität Luxemburg in der am Dienstag veröffentlichten Ausgabe des Medien-Podcasts „Läuft“. Der DSA gilt ab dem 17. Februar vollständig in allen EU-Staaten.

Auch wenn das Funktionieren in der Praxis abgewartet werden müsse, sei es erstaunlich, dass sich die EU auf eine Art „digitales Plattformgrundgesetz“ habe einigen können, sagte Cole. Mit dem 2022 verabschiedeten Digital Services Act werde Anbietern wie Facebook und X „eine Art redaktionelle Verantwortung auferlegt“. Sie müssten Inhalte – etwa User-Kommentare – nun nach bestimmten Regeln moderieren, die mit den Grundrechten vereinbar sein müssen.

Diese internen Richtlinien seien in den Geschäftsbedingungen genau zu erklären, sagte Cole, der auch Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht in Saarbrücken ist. Für die Nutzerinnen und Nutzer müsse zudem ein einfach zugängliches Beschwerdeverfahren vorgehalten werden. Cole verwies auch auf neue Vorschriften zur Transparenz von Online-Werbung, die mit dem DSA in Kraft treten.

Als „schwerste Nuss zum Knacken“ bezeichnete Cole die Anpassungen der deutschen Rechtslage an die EU-Verordnung. Deutschland müsse als Föderalstaat mit einem „Auseinanderfallen der Aufsicht“ über Teilfragen klarkommen. Während die Bundesnetzagentur als koordinierende Stelle fungieren und Deutschland in einem europäischen Gremium vertreten solle, lägen Teilzuständigkeiten etwa für den Jugendmedienschutz bei den Landesmedienanstalten. Diese Konstruktion sei kompliziert, zwinge aber die unterschiedlichen Akteure, „in Zukunft viel enger zusammenzuarbeiten“.

Der Fünfte Medienänderungsstaatsvertrag der Bundesländer, der mit Blick auf den Digital Services Act Änderungen vornimmt, wird voraussichtlich erst im Oktober in Kraft treten. Das neue Digitale-Dienste-Gesetz des Bundes soll im Laufe des Frühjahrs gültig werden. Das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) tritt dadurch weitestgehend außer Kraft.

Der Podcast „Läuft“ ist eine Koproduktion das Fachdienstes epd medien und des Grimme-Instituts in Marl. Er befasst sich mit aktuellen Themen aus der Medienbranche, nimmt aber auch Fernseh-, Radio- und Streaming-Produktionen sowie Podcasts und besondere Webangebote in den Blick.